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Abschied.
Was macht ihr, daß ihr weinet
Und brechet mir mein Herz!
Im Herrn sind wir vereinet
Und bleiben's allerwärts.
Das Band, das uns verbindet,
Löst weder Zeit noch Ort;
Was in dem Herrn sich findet,
Das währt in ihm auch fort.
Man spricht: Ich hier, du dorten,
Du ziehest und, ich bleib'!
Und ist doch allerorten
Ein Glied an einem Leib.
Man spricht vom Scheidewege
Und grüßt sich einmal noch
Und geht auf einem Wege
In gleicher Richtung doch.
Man reicht sich wohl die Hände,
Als sollt's geschieden sein,
Und bleibt doch ohne Ende
Im innigsten Verein.
Man sieht sich an, als sähe
Man sich zum letztenmal
Und bleibt in gleicher Nähe
Dem Herrn doch überall.
Was sollen wir nun weinen
Und so gar traurig sehn,
Wir kennen ja den einen,
Mit dem wir alle gehn,
In einer Hut und Pflege,
Geführt von einer Hand,
Auf einem sichern Wege
Ins eine Vaterland!
So sei denn diese Stunde
Nicht schwerem Trennungsleid,
Nein, einem neuen Bunde
Mit unserm Herrn geweiht.
Wenn wir uns ihn erkoren
Zu unserm höchsten Gut,
Sind wir uns nicht verloren,
Wie weh auch Scheiden thut.
Das Lied vom Sterben.
Stimm an das Lied vom Sterben,
Den ernsten Abschiedssang,
Vielleicht läuft heut zu Ende
Dein ird'scher Lebensgang;
Und eh' die Sonne sinket
Beschließest du den Lauf,
Und wenn die Sonne steiget,
Stehst du nicht mit ihr auf.
Es giebt nichts Ungewissers
Als Leben, Freud und Not,
Allein auch nichts Gewissers
Als Scheiden, Sterben, Tod.
Wir scheiden von dem Leben
Bei jedem Lebensschritt,
Uns stirbt die Freud' im Herzen,
Und unser Herz stirbt mit.
An unserm Pilgerstabe
Ziehn wir dahin zum Grab,
Und selbst des Königs Scepter
Ist nur ein Pilgerstab.
Ein Pilgerkleid hat allen
Die Erde hier beschert,
Wir tragen's auf der Erde
Und lassen's auch der Erd'.
Geh, übersteig nur Berge
Und Höh'n, es steht dir frei,
Dem kleinen Grabeshügel
Kommst du doch nicht vorbei.
Da gehst du nicht hinüber,
Und ist er noch so klein;
Da bleibst du müde liegen,
Da legt man dich hinein.