Full text: Lehrbuch der Geschichte für die Ober-Secunda höherer Lehranstalten

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tischen Aufführungen; an den Panathenäen, dem attischen Nationalfeste, 
das alle 4 Jahre gefeiert wurde, fanden gymnische Wettkämpfe statt und trugen 
Rhapsoden, einer den andern ablösend, dem Volke die gesamten Epen vor; eine 
Folge davon war die von Peisistratos angeordnete Sammlung und Reinigung 
der im Munde der Rhapsoden lebenden Homerischen Gedichte. Die zeitgenössi¬ 
schen Lyriker zog Hipparch an den Hof, wie den Simonides aus Keös 
(einer der Kykladen 1)), und die beiden Dichter, die des Polykrates Hof in Samos 
(t 522 vgl. S. 8. 2) verherrlicht hatten, den leidenschaftlichen Jbykos aus 
Rhegion (an der sicilischen Meerenge) und den leichtlebigen Anakreön von Teös 
(an der ionischen Küste). 
Die Parteiherrschaft des Adels hatte, wie die Tyrannis, die Solonische 
Verfassung nicht zur Entwicklung kommen lassen; erst durch Kleisthenes, der den 
persönlichen Einfluß des Adels brach, wurde der Grundgedanke der Solonischen 
Staatsordnung verwirklicht. 
4. Die Wetterführung der Solouischen Verfassung durch Kleisthenes. 
Kleisthenes, der Enkel des Tyrannen von Sikyon (vgl. S. 21), ein 
Alkmäonide, wurde, wie es scheint, dadurch, daß sich der Adel seinem Ehr- 
geiz und seiner Herrschsucht entgegenstellte, auf die Seite des Demos ge- 
drängt. Seine Reform entkleidete die alten (Stammes-) Phylen, in denen 
die großen Geschlechter seit Jahrhunderten den maßgebenden Einfluß hatten, 
aller politischen Rechte; an ihre Stelle traten 10 neue Phylen, die aus einer 
Anzahl nicht zusammenliegender Dörfer (Demen2)) bestanden und lediglich 
Verwaltungsbezirke waren. Die neuen Phylen waren die Heeres- 
abteilungen und die Stimmkörper für den Rat; 10 Strategen, die 
das Aufgebot befehligten, bildeten fortan mit dem Polemarchen zusammen den 
Kriegsrat, 50 Ratsherren (1 Phyle3)), die sogen. Prytanen, den (Staats-) 
Rat, der den 10. Teil des Jahres die laufenden Geschäfte besorgte; der Vor- 
sitzende der Prytanen war zugleich Vorsitzender der Volksversammlung. 
Mit diesen Bestimmungen war die Selbstregierung des gesamten 
Volkes durchgesetzt, aber auch jetzt war das Solonische Maß nicht verlassen; 
nach wie vor hatten die Pentakosiomedimnen allein Zutritt zu den höheren 
Ämtern, und so blieben die adligen Großgrundbesitzer auch nach der Kleisthenischen 
Reform die berufenen Leiter des Staates. Das einmütige Zusammengehn von 
Adel und Volk bildet die Größe Athens in den großen Kämpfen, die seiner harrten. 
und stellte das Leben des Dionysos dar; bei den städtischen Dionysien ist Thespis so 534 
zum ersten Male aufgetreten. Der Name Tragödie hielt sich, nachdem weder der Chor aus 
Satyrn bestand noch die Handlung sich auf Dionysos bezog. 
1) Die Kykladen erscheinen als südöstl. Fortsetzung von Enboia und Attika. 
2) Auch die Stadt Athen wurde in Demen zerlegt, deren jeder unter einem Vorsteher 
(Demarchen) sich selbst verwaltete. Jeder attische Bürger wurde fortan nach seinem Demos 
benannt, und auf der Eintragung in die Liste des Demos (Bürgerliste) ruhte das städtische 
Bürgerrecht. 
3) Es wurden also im ganzen 500 Ratsherren jedes Jahr erlost; die Folge der Pry- 
tarnen wurde durch das Los bestimmt.
	        
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