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ebenen, die dem Verkehr mit dem Ausland geöffnet waren und von den
Griechen früh die Keime höherer Bildung erhielten; durch den tatkräftigsten
Stamm in der mittleren Ebene, die Latin er, ist die Geschichte Italiens
bestimmt worden. —
Latium. In der Mitte der latinischen Ebene erhebt sich eine Berg-
gruppe, deren höchster Gipfel der mons Albanus*) ist, die natürliche Burg
des Landes; hier lag am Rande des Kratersees (lacus Albanus) lang sich hin¬
streckend Alba (longa)2), das Haupt eines Bundes der latinischen Städte.
Dieser Bund erwies sich indes unfähig, dem mächtigen Vordringen der sabelli-
scheu Völker (Sabiner, Äquer und Volsker, vgl. S. 57) Einhalt zu thun; die
Latiner wurden auf einen immer engeren Raum zusammengedrängt, bis endlich
die Stadt Rom am unteren Tiber, sabinische Teile zwar in sich aufnehmend,
der Retter der bedrängten Nation wurde.
So dunkel der Ursprung Roms ist, so darf man doch wohl annehmen,
daß eine alte latinische Ansiedlung (die Kamnes) auf dem mons Palatinus
bestand und sich ihr gegenüber auf dem mons Quirinalis und mons Capitolinus
eine sabinische Gemeinde (die Tities) festsetzte. Diese beiden Gemeinden
verschmolzen zu einem Volke, dem populiis Romanus Quirites oder Quiritium.
Die aufblühende Gemeinde wurde nach der Zerstörung Albas, über die es keine
geschichtliche Kunde giebt, die wichtigste Stadt Latiums.
I. Rom als Hauptort Latiums.
1. Die ältesten Zustände unter dem Königtum.
A. Die Wevölkerungsktassen (Freie, Sklaven, Freigelassene). Die
Freien bestanden aus einer Anzahl von Geschlechtern (gentes), denen die
einzelnen Familien angehörten. Somit führte der Römer neben seinem Vor-
namen (praenomen) als Mitglied eines Geschlechts das nomen gentile und
als Mitglied der Familie das cognomen 3). In der Familie herrschte der patei
familias mit voller Gewalt über die Frau, die Kinder und die Sklaven; die
Kinder der Familie (filii et filiae familias) waren frei (liberi) im Gegensatz
zu den Sklaven, dagegen blieb selbst der verheiratete Sohn privatrechtlich *)
(d. h. in Familien- und Vermögenssachen) abhängig vom Vater (von der patria
1) Heute heißt das ganze Gebirge Alban.ergebirge.
2) Der Sage nach landete der Trojaner Aneas in 2Uttum, erhielt die Tochter des
Königs Latinus, Lavinia, zur Frau und gründete Lavinium. Sein Sohn Ascanius
(Julus) gründete Alba longa, die dem albanischen Königsgeschlechte entstammenden Brüder,
Romnlus und Remns, Söhne des Mars und der Rhea Silvia, Rom. Wie Latinus
Heros eponymos der Latiner, so ist Romulus Heros eponymos der Römer.
3) z. B. Marcus Tullius Cicero; die GeschlechtSnamen sind durchweg Adjectiva, meist
auf ius endigend und großenteils von Personennamen abgeleitet. — DaS cognomen fehlte
ursprünglich und war rechtlich nicht notwendig, dagegen wurde der Name des Vaters zum
praenomen hinzugefügt, z. B. Quintus Marcius Quinti oder Quinti filius. Bei dem Tochter¬
namen ist ursprünglich ein praenomen üblich (Prima, Secunda, Tertia, Rutila, Aula), später
ist der einfache Geschlechtsname gebräuchlich (Julia, Cornelia).
4) Staatsrechtlich ward er, wenn er das nötige Alter erreichte, selbständig zur Beklei-
duug eines Amtes und zur Teilnahme an den Komitien.