Full text: Aus der antiken Geisteswelt

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von irgend einem Prometheus geschaffen würden, unbekannt mit unserer 
Lebensweise, Recht und Gesetz, dann bedürfte es vielleicht einer Unter¬ 
suchung, ob man dieses Menschengeschlecht bei den natürlichen 
Götterbildern lassen soll, sodaß sie nicht Elfenbein, Gold, eine Eiche, 
eine Ceder, einen Fluß, einen Vogel anbeten, sondern die aufgehende 
Sonne, den leuchtenden Mond, den gestirnten Himmel, die Erde selbst, 
die Luft selbst, Feuer und Wasser in ihrer Gesamtheit, oder ob wir 
auch sie zwingen Holz, Steine und Götterbilder zu verehren. Wenn 
aber dies ein gemeinsames Gesetz für alle ist, so wollen wir das Be¬ 
stehende bestehen lassen, der Kunde von Göttern Glauben schenken und 
ihre Symbole wie auch ihre Namen bewahren. 
Denn Gott, der Vater und Schöpfer des Seins, ist älter als Sonne, 
älter als der Himmel, erhaben über Zeit, Ewigkeit und alle vergängliche 
Natur, ohne Namen für die Gesetzgeber, unnennbar für die Zunge, un¬ 
sichtbar für das Auge. Da wir sein Wesen nicht erfassen können, 
nehmen wir Worte und Namen, lebende Wesen und Formen in Gold, 
Elfenbein und Silber, Pflanzen, Flüsse, Bergesgipfel und Quellen zu 
Hülfe und suchen so seine Erkenntnis, ln unserer Schwachheit aber 
schreiben wir das, was wir bei uns schön finden, seiner Natur zu, 
geradeso wie es den Liebenden ergeht, denen die Züge der Geliebten 
der liebste Anblick sind, denen aber auch eine Leier, ein Speer, der 
Platz, wo jene zu sitzen und zu gehen pflegt, eine liebe Erinnerung 
bilden, kurz geradezu alles, was das Andenken an den Geliebten wach¬ 
ruft. Was bleibt mir da noch zu prüfen und als Gesetz aufzustellen 
über die Götterbilder? Die göttliche Art nur soll den Menschen im 
Bewußtsein bleiben, nur im Bewußtsein. Wenn in den Griechen die 
Kunst des Phidias die Erinnerung an Gott weckt, in den Ägyptern die 
Verehrung von Tieren, in anderen ein Fluß und wieder anderen das 
Feuer, so verarge ich ihnen die Verschiedenheit nicht. Nur sollen sie 
Gott in ihrem Bewußtsein festhalten, ihn nur lieben und seiner .ein¬ 
gedenk sein. 
43. Aus dem frühen Christentum. Von Plinus dem Jüngeren. 
a) Plinius an Trajan [n. Ch. 98 bisTl 17]. 
Es ist meine Gewohnheit, mein Kaiser, über alles, worüber ich in 
Zweifel bin, an dich zu berichten, denn wer könnte mich bei meiner 
Unentschlossenheit besser leiten oder bei meiner Unerfahrenheit besser 
belehren? Untersuchungen über die Christen habe ich niemals bei¬ 
gewohnt, daher weiß ich nicht, was und wieweit man zu strafen oder 
zu untersuchen pflegt. Auch bin ich durchaus nicht sicher, ob man 
das Alter einen Unterschied machen lassen, oder ganz junge Leute 
ebenso behandeln soll wie ältere, ob man der Reue Verzeihung ge¬ 
währen, oder ob es dem, der einmal Christ gewesen, nichts helfen soll, 
daß er es nicht mehr ist, ob der Name an sich, auch wenn kein Ver¬
	        
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