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alle deine Schätze, und eile nach Castilien; Freund Alvaro Fanez soll
dich geleiten. Damit ihr aber unangefochten mitten durch die Feiude kommt,
setzet meinen Leichnmn ganz gerüstet auf Babieca; der Anblick wird
die Feinde scheuchen, und ihr werdet sicher nach Castilien kommen. So
geschah es. Kaum war die Nachricht von Cid's Tode im Lande erschollen,
als die Morabeten gegen Valencia wild anstürmten. Doch Limena kam
mit seinem Leichname, wie er befohlen hatte, und glücklich erreichte sie mit
ihren Schätzen Castilien. Zu St. Peter von Cardona, wo einst Donna
Limena Zuflucht gefunden hatte, wurde der Held von 72 Siegesschlachten
in die Gruft gesenkt; da liegt auch Limena, die nur noch wenige Tage
lebte; sein Gedächtniß aber ist im Spanien in Segen geblieben und wird
es überall bleiben, wo echter Edelsinn die menschliche Brust beseelt.
H. 14. Slaven und Magyaren.
Wie im äußersten Westen, so war auch im Osten Europa's eine große
Bewegung unter den barbarischen Völkern, die sich seit der Völkerwande¬
rung hier gelagert hatten, und ein hartnäckiger Kampf des Christenthumes
mit dem Götzendienste. Unter allen diesen Völkern waren die friedliebendsten
und bildungsfähigsten die Slaven, die, wie oben gesagt worden ist, in
Rußland, Polen, Böhmen, Mähren, Ungarn und in den Donau¬
ländern des griechischen Kaiserthums wohnten. Seit den Zeiten des Königes
Swatopluk hatte sich auch der christliche Glaube in einigen Gegenden
ihres Landes verbreitet. Methodius und Cyrillus, zwei griechische
Mönche slavischer Abstammung, waren nach Mähren und Böhmen gekommen
und hielten hier nach griechischer Weise den christlichen Gottesdienst in ihrer
Muttersprache, ganz gegen die Sitte der abendländischen Kirche, in welcher
die lateinische Sprache eingeführt war. Die Slaven behielten auch den
slavischen Gottesdienst im Christenthume bis auf den Papst Gregor VII.
bei; dieser aber gebot die Einführung des lateinischen Gottesdienstes auf's
Strengste. Leicht hätte sich das Volk der Slaven zu einem Weltreiche er¬
heben können, wären nicht im neunten Jahrhunderte die Magyaren unter
ihrem Herzoge Arpat gekommen; sie eroberten das Land', das heute
Ungarn heißt, und lagerten sich zwischen die nördlichen und südlichen Slaven,
so daß beide Theile getrennt wurden. Jene kriegerische Nation war von
nun an gegen alle flavischen Völkerschaften in den Waffen und erleichterte
den Deutschen die Unterjochung derselben. Doch auch den Deutschen wurden
die Magyaren bald furchtbar, und erst nach der Niederlage am Lechfelde waren
die deutschen Marken vor ihnen sicher gestellt. Herzog Geisa trat selbst'in
freundschaftliche Bündnisse mit dem deutschen Kaiser, ja er nahm die christ¬
liche Religion an und viele deutsche Mönche und Ritter ließen sich im
Lande nieder. Noch mehr wurde das Volk in seiner Wildheit gezähmt,
als Geisa's Sohn, Vojk, der in der Taufe den Namen Step h an erhielt,