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solutismus zu restaurieren, neben dem sich weder die Selbständigkeit der
Gausürsien noch die Freiheit der Bauern behaupten konnte. Die Dynastie
der Thutmosiden (1545—1350) nahm es in die Hand, auf der Spur
der Hykfoswanderung die ägyptische Macht über Kanaan und Syrien bis
an den oberen Euphrat auszubreiten. Als Eroberer ragte vor allen
Thutmofis III. hervor; er, dessen Erziehung ganz von seiner älteren
Schwester Chatschepsu geleitet worden war, durchzog vierzehnmal sieg-
reich die Länder des Vorderorients; mit ihren Tributen schmückte er die
Tempel der Götter aus. Den kriegerischen Geist seiner Vorfahren verleugnete
ganz Ameuhötep oder Amenophis IV. (1375—58); unbefriedigt von der
Vielgötterei, wie sie besonders in den Tempeln der. Reichshauptstadt
Theben getrieben wurde, baute er sich an einem jetzt Tell-el-Amarna ge-
nannten Orte östlich vom Nil eine neue Residenz und pflegte hier den
Kult eines Gottes, den er unter der Form der Sonnenscheibe verehrte.
Sein Archiv ist zu Ende der letzten Achtzigerjahre wieder aufgefunden worden
und setzt uns in den Stand, die Stellung des Pharao gegenüber seinen
„Brüdern", d. h. den Königen der großen orientalischen Reiche, wie auch
gegenüber seinen Vasallen in Kanaan genau zu erkennen. Das Archiv
enthält auch achtzehn Briefe, die ein von Ägypten abhängiger Fürst von
Jerusalem Abdchepä geschrieben hat, um Amenophis auf das Andringen
von Chabirnvölker aus dem Ostjordanlande aufmerksam zu machen.1) Es
waren dieses vermutlich Vorläufer der etwa 100 Jahre später in Kanaan
eindringenden Israeliten.
Ramseniden. Die folgenden zwei Dynastien (XIX. und XX.), deren Vertreter
meist den Namen Ramses führten, begannen mit dem energischen Seti I.;
er begegnete siegreich dem von Kleinasien südwärts sich ergießenden
Völkerstrome der Hethiter (Cheta). Sein Sohn Ramses II. oder der
Große (1390 — 1324) ist äußerlich die glänzendste Erscheinung unter
/■ allen Pharaonen; Riesenbauten verkünden noch jetzt in allen Teilen
Ägyptens seinen Namen und den Ruhm seiner Taten, die aber genauer
betrachtet ein Zurückweichen vor den Hethitern bedeuten. Mit Ramses II.
scheint der in der Bibel erwähnte Bedrücker der Israeliten identisch
zu sein, mit seinem Sohne und Nachfolger Merenptäch aber der
Einer dieser Briefe tautet: Verloren gegangen ist das Land des Königs
an die Chabiru; und jetzt ist sogar eine Stadt des Landes Jerusalem, mit
Namen Bit-Ninib, eine Stadt des Königs, dahin auf die Seite der Leute von
Kilti. Es höre der König auf Abdchepa. Deinen Diener, und er sende Pidati-
leute, daß diese das Land des Königs dem König zurückgewinnen. Wenn aber
keine Pidati da sind, so ist dahin das Land des Königs an die Chabiru!