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Das Frankenreich unter den Karolingern.
§39.
Reichs- Ludwig teilte bereits 817 das Reich unter seine Söhne. Als er
teiwng. jpßter diese Reichsteilung zugunsten seines jüngsten Sohnes Karl ab-
änderte, den ihm seine zweite Gemahlin Judith (aus dem alamaunischen
Geschlechte der Welsen) geboren hatte, empörten sich die geschädigten
„Lügenfeld" Söhne erster Ehe. Auf dem Rotfelde („Lügenfelde") bei Colmar im
<833). E^aß standen die Heere einander gegenüber. Im Lager der Söhne fand
sich Papst Gregor IV. ein, den man als Schiedsrichter angerufen hatte.
Da sah sich Ludwig von seinen eigenen Vasallen verlassen und geriet in
die Gefangenschaft der Söhne. Er wurde von feinem ältesten Sohne
Lothar zu öffentlicher Kirchenbuße und zur Abdankung genötigt, von
dessen jüngeren Brüdern jedoch befreit und wiedereingesetzt (833). Doch
haben auch später die Zerwürfnisse mit seinen Söhnen nicht aufgehört.
Streit der Nach seinem Tode (aus einer Rheininsel bei Ingelheim) setzten sie
5Brüber- den Streit fort. Ludwig „der Deutsche" und sein Stiefbruder Karl
„der Kahle" schlössen miteinander in Straßbnrg^ gegen Lothar ein
Bündnis (842) und nötigten ihn schließlich zu dem Teilungsvertrage zu
Bertrag zu Verduu (843). Ostsraukeu, d. h. alles rechtsrheinische Land mit
ST Einschluß der Gaue von Mainz, Worms und Speyer, fiel an Ludwig,
West franken, d. h. Neustrieu, Aquitanien und Burgund, an Karl; die
Mitte, d. h. das Land zwischen dem Rhein einerseits, der Scheide, Maas,
Saöne und Rhone andrerseits, bildete mit Italien zusammen das Reich
Lothars, dem auch die Kaiserkrone zufiel.
Doch schon 27 Jahre später erfuhr dieser Vertrag eine wichtige
Änderung, indem sich Ludwig und Karl nach dem Tode von Lothars
Vertrag zu gleichnamigem Sohne zu Merseu (an der Maas) in den Besitz von
Xe" Mittelfranken („Lotharingien") teilten. Dadurch erwarb Ludwig
(843—876) das Land zwischen Rhein und Schelde nebst Friesland. Noch
Karl in. einmal aber vereinigte Karl III. (der „Dicke"), Ludwigs jüngster Sohn
<876 887). (876_887), nach Erwerbung der Kaiserkrone das ganze Reich Karls des
Großen mit Ausnahme von Niederburgund, das sich unterdessen selb-
ständig gemacht hatte,2 in seiner Hand. Als er sich aber unfähig zeigte,
der Normann engefahr zu begegnen, fetzten ihn die Großen des Ost-
reiches 887 zu Tribur (zwischen Mainz und Worms) ab und wählten
seinen tatkräftigen Neffen Arnulf von Kärnten, den unechten Sohn
feines Bruders Karlmann, zum Könige. Im folgenden Jahre starb Karl;
damals sprach man grundlos von Vergiftung, während eine spätere Dich-
tnng ihn den Tod im Kampfe gegen die Hunnen (Magyaren) finden läßt.
Nach Karls Absetzung zerfiel das Reich endgültig in die Königreiche
Ost- und Westfranken, in Hoch- und Niederburgund sowie
Italien. Damit beginnt die selbständige Geschichte des Ostfrankenreiches,
aus dem das Deutsche Reich hervorgegangen ist.
1 Die „Straßburger Eide" sind ebenso wichtig als Sprachdenkmäler wie als
Ausdruck der'Volksgewalt und der Trennung der Nationen.
2 Seinem Beispiele folgte 888 Hochburgund.