Full text: Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbesondere der preußisch-deutschen Geschichte seit 1648 (Teil 6)

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England im 17. Jahrhundert. 
§2 
Wie des Königs äußere Politik so im Gegensatze zu den Forderungen 
des Parlaments und den religiösen Interessen des Landes stand, so mußte 
noch mehr seine innere Politik in staatsrechtlicher und religiöser Be- 
ziehnng zum Konflikte führen. 
Die englische In England regiert neben dem Könige das Parlament, das aus 
3361 ° u"9' dem Hause der Lords (Oberhaus) und dem der Gemeinen (Unter- 
haus) besteht. Dem Oberhause gehören die Prinzen des königlichen 
Hauses, die „Peers" (Mitglieder des hohen Adels) nach Erbrecht, einige 
der obersten Richter und einige Bischöfe der Anglikanischen Kirche an, 
während die Mitglieder des Unterhauses gewählte Abgeordnete sind. Die 
Abgrenzung der Rechte dieser drei Faktoren gegeneinander, wie sie heute 
die Verfassung regelt, war im 17. Jahrhundert noch nicht mit gleicher 
Klarheit und Schärfe durchgeführt. Widerstreitende Auffassung über den 
Umfang der Rechte, Übergriffe in das Rechtsgebiet des anderen riefen 
unaufhörliche Reibungen zwischen dem Könige und dem Parlament her- 
vor. Insbesondere hatte das Parlament das Recht der Steuerbewilli¬ 
gung, die auf ein Jahr oder auf längere Zeit erteilt werden konnte; 
die bewilligten Steuern, Abgaben und Zölle zu erhöhen oder zu vermehren, 
stand dem Könige nicht zu. Das Parlament zu berufen war dagegen 
allein Recht des Königs, in dessen freiem Ermessen es stand, ob und wann 
er dies tun wollte. Zur Zeit Elisabeths war die Bedeutung des Parlaments 
verhältnismäßig gering gewesen; sie hatte es geschickt verstanden, äußerlich 
seine Rechte zu achten und dabei doch unabhängig zu regieren. Ihre 
Sparsamkeit hatte sie von dem Steuerbewilligungsrecht des Parlaments 
unabhängig erhalten, auch hatte ihre Popularität und ihre energische und 
zielbewußte Politik ihr das Übergewicht verschafft. Im Gegensatze dazu 
stärkte die unpopuläre Politik Jakobs die Opposition des Parlaments, das 
sich seiner selbständigen Macht um so mehr bewußt wurde, je mehr der 
verschwenderische König auf die Geldbewilligungen jenes angewiesen war. 
„Tonnen- Als Jakob eigenmächtig die Hafenzölle, das sogenannte „Tonnen- und 
Pfundgeid." Pfundgeld" erhöhte, bestritt ihm das Parlament das Recht dazu. Trotz- 
dem der König es mehrfach auflöste, blieb es bei seinem Widerstand; 
Geldverlegenheiten zwangen ihn immer von neuem, es zu berufen. Der 
Konflikt spitzte sich schließlich auf die grundsätzliche Frage zu, ob, wie 
Jakobs Überzeugung war, die Rechte des Parlaments diesem durch die 
Gnade des Königs verliehen seien, der seine Stellung allein Gott verdanke 
und damit über dem Parlament stehe, oder ob, wie das Parlament es 
aussprach, die Rechte des Königs wie die des Parlaments auf dem Gesetz 
des Landes und dem Willen des Volkes beruhten, Königtum und Parlament 
damit also gleichgeordnet seien. 
Kirchliche Auch in religiöser Beziehung trat eine immer tiefere Kluft zwischen 
Verhältnisse, Unfo einem großen Teile seiner Untertanen ein. In England war 
allein die von Heinrich VIII. begründete, von Elisabeth erneute Angli¬ 
kanische Kirche gesetzlich anerkannt. Ihr gehörte auch Jakob an, obwohl 
er kalviuistisch erzogen worden war. Das aus der katholischen Kirche
	        
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