178 Das Zeitalter Wilhelms I. § 107.
preußischen Truppen des westlichen Kriegsschauplatzes zur „Mainarmee"
vereinigt hatte, die süddeutschen Truppen bei Kissingen und wandte
sich darauf nach Frankfurt, wo er den Oberbefehl an General Man-
teuffel abgeben mußte; unterwegs siegte General von Goeben bei
Aschaffenburg. Mantenffel drang an der Tauber vor und siegte hier
in mehreren Gefechten (z. B. bei Tauberbischofsheim), wandte sich
dann wieder nordwärts zum Main und begann die Beschießung der
Zitadelle von Würzburg. Dem Großherzoge Friedrich Franz von
Mecklenburg gelang es noch, sich Nürnbergs zu bemächtigen, da
unterbrach (am 2. August) auch hier ein Waffenstillstand die kriegerischen
Unternehmungen.
Der Feldzug In Italien hatte die österreichische Armee siegreich gefochten. Hier
in Italien. ^ Erzherzog Albrecht von Österreich die Italiener bei Cnstozza
geschlagen (24. Juni) und Tegetthoff bei der Insel Lissa einen glänzenden
Seesieg erfochten (20. Juli). Um seine italienische Armee im Norden ver-
wenden zu können, erbat Kaiser Franz Joseph nach der Schlacht bei König-
grätz die Vermittlung Napoleons III. und überließ ihm Veuetieu, das
dieser an Viktor Emannel übergab.
Friede zu § 107. Der Friedensschluß und die Gründung des Norddeutschen
w°9' Bundes. Im Frieden zu Prag (23. August 1866) erkannte der Kaiser
von Österreich die Auflösung des bisherigen Deutschen Bundes an und
gab seine Zustimmung zur Neugestaltung Deutschlands ohne Beteiligung
des österreichischen Kaiserstaates; er versprach das engere Bundesverhältnis
anzuerkennen, das Preußen nördlich des Mains begründen würde, ebenso
die nationale Verbindung der süddeutschen Staaten mit dem Norddeutschen
Bunde. Er übertrug seine im Wiener Frieden 1864 erworbenen Rechte
auf Schleswig und Holstein an Preußen und zahlte 20 Millionen Taler
Friede zu Kriegsentschädigung. Im Frieden zu Wien, den er im Oktober desselben
mtn' Jahres mit Italien schloß, trat der Kaiser — wozu er sich bereits im
Prager Frieden verpflichtet hatte — Venetien ab.
Preußens Während das Königreich Sachsen, für das sich Österreich verwandte,
Erneuerung, in seinem Besitzstande erhalten blieb, wurden Hannover, Kurhessen, Nassau
und die Freie Stadt Frankfurt a. M. sowie Schleswig-Holstein dem
preußischen Staatsgebiet einverleibt, das hierdurch auf 350000 qkm
(6400 Quadratmeilen) mit 23 Millionen Einwohnern wuchs und sich nun-
mehr als ein geschlossenes Ganzes über die Norddeutsche Tiefebene von der
Memel bis zum Rhein erstreckte. Sachsen und die übrigen norddeutschen
Staaten, auch Hessen-Darmstadt mit seinem nördlichen Teile (Oberhessen,,
traten dem Norddeutschen Bunde unter Preußens Führung bei.
Die Den süddeutschen Staaten wurden abgesehen von einigen gering-
^Staaten!" fügigen Grenzberichtiguugeu — keine Gebietsabtretungen auferlegt, viel-
mehr zwischen ihnen und Preußen ein zunächst geheimgehaltenes Schutz-
und Trutzbündnis geschlossen. Beide Teile gewährleisteten einander die