Das Frankenreich unter den Merowingern.
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Er schlug 486 den früheren Statthalter des noch römischen Gal-
liens, Syagrins, der sich selbständig gemacht hatte, bei Soissons und
besetzte sein Land. Durch den Anschluß der Oberfranken, der bald darauf
erfolgte, wurde Chlodowech in einen Krieg mit den Alamannen ver-
flochten; er besiegte und unterwarf sie, sie mußten ihr links- und rechts-
rheinisches Gebiet nördlich der Selz, Mnrg, Oos und Rems abtreten;
das Land südlich der Selz erhielt damals den Namen Elsaß. Doch ent-
zog sich ein Teil der Alamannen seiner Herrschaft und stellte sich unter
den Schutz Theoderichs. Auch in Chlodowechs Kamps gegen die West-
goten (507) griff der Ostgotenkönig drohend ein und hinderte ihn, sein
Land bis zu den Pyrenäen auszudehnen.
Zwischen der Eroberung Chlodowechs und der andrer germanischer
Stämme besteht ein tiefgreifender Unterschied. Chlodowech kam nicht an
der Spitze eines wandernden Volkes, sondern als erobernder König, der
nur seine eigene Macht zu erweitern strebte. Da die Hauptmasse der Franken
in ihren alten Wohnsitzen zurückblieb, so brauchte er von den unterworfenen
Römern keine Landabtretungen zu fordern, um die Seinigen zu versorgen,
sondern begnügte sich mit dem bisherigen Besitz des römischen Kaisers und
den herrenlos gewordenen Gütern.
Stand er schon infolge dieser Schonung ihres Eigentums zu den unter-
worfenen römischen Bewohnern in einem günstigeren Verhältnis als etwa
die Westgoten zu den Provinzialen Spaniens, so trat er ihnen durch seinen
Übertritt zur katholischen Kirche noch näher. Neben persönlichen
Gründen haben ihn auch politische Erwägungen bei diesem Schritte geleitet.
Er hatte von Ansang an gewünscht, die reichen und mächtigen Bischöfe für
sich zu gewinnen, auch auf Bitten seiner christlichen Gemahlin erlaubt, daß
seine Söhne getauft wurden; er selbst aber war noch Heide geblieben. Den
äußeren Anstoß zu seinem Übertritt gab 496 die Schlacht gegen die Ala¬
mannen. Als seine Franken zu wanken anfingen, soll er das Gelöbnis ge-
tan haben, sich taufen zu lassen, wenn ihm der Gott seiner Gemahlin den
Sieg verleihen werde. Nach gewonnener Schlacht wurde er von dem Bischof
Remigius von Reims unterwiesen und getauft. Tausende seines Volks
folgten ihm.
Nach feinem Tode wurde das Reich unter seine Söhne geteilt, die
Burgund, Thüringen, Alamannien und Bayern unterwarfen. Aber diese
Teilungen wurden zu einem Unglück für das Reich, da sie die Quelle
unaufhörlicher Kriege waren, die mit der größten Gewalttätigkeit geführt
wurden. Allmählich ergaben sich aus den Teilungen drei Teile: der
germanische Osten oder Anstrasien, der romanische Westen oder
Neustrien, und neben beiden Burgund als selbständiges Reich.
Die Zeit der Merowinger war von Kriegen der Könige untereinander
oder von Aufständen der Großen gegen sie stürmisch bewegt. Die fränkische
Kirche, in der sich früh Germanen als Bischöfe fanden, verwilderte, das
Leben der Vornehmen zeigte häufig Greuel und Entartung. Bei den Mit-
gliedern des Königshauses verfiel bald die persönliche Tüchtigkeit.