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I. Familie und Elternhaus.
Schuhe aus, bald bewachte er die Wäsche der Mutter, oder er kaufte
ein für das Haus.
Bei allen Kindern der Nachbarschaft wurde der Hans bald be¬
liebt. Er war bei allen Spielen der Erste und wußte immer etwas Neues
anzugeben. Blindekuh, Kämmerchen zu vermieten, und wie die Spiele alle
heißen mögen, gingen nur gut, wenn Hans dabei war; da gab's nie¬
mals Zank und Streit; zankten sich wirklich zwei Knaben einmal, fuhr mein
Hans dazwischen, machte jedem ein närrisches Gesicht, und alles mußte
lachen. Beim Soldatenspiel hatte er immer die höchste Papiermütze und
den schönsten Federbusch daran von Petersilienkraut, und keiner wußte
die Trompete und alle Instrumente, wie sie bei den Soldaten vor¬
kommen, so schön mit dem Munde nachzuahmen als Hans.
Nun kam die Zeit heran, wo Hans ein Handwerk lernen sollte.
Der Vater sagte: „Zum Schuhmacher taugt er nicht; denn er sieht den
Leuten nicht auf die Stiefel, sondern immer in die blaue Luft." Die
Mutter dagegen sagte: „Der will hoch hinaus." Und so wurde es. Er
kam zu seinem Paten, der ein ehrsamer Schornsteinfeger war, und lernte
dessen Handwerk. Bald ging er mit Leiter, Besen und Kratzeisen durch
die Straßen, und dabei sah er immer froh und gutmütig ans. Mutig
und gewandt erstieg er die höchsten Schornsteine, pfiff und sang lustig
in die blaue Lust und kannte keinen Schwindel. Wenn ein Bund Stroh
oder ein Stück Holz von einem Wagen fiel, so lief er schnell nach, um
es dem Fuhrmanne zu bringen. Alte und Junge hatten ihn lieb. Nie¬
mand in der Stadt konnte die Kinder mit dem Schornsteinfeger
ängstigen. Alle kannten Hans Lustig, und der tat ihnen nichts zuleide.
Stets war er freundlich und gut, und manches Kind gab ihm sogar
eine Patschhand.
So wuchs Hans Lustig immer mehr heran und wurde ein tüch¬
tiger Schornsteinfeger. Er konnte klettern wie eine Katze. Das zeigte er
bei dem Brande des Rathauses, welches plötzlich mitten in der Nacht
in Flammen stand. Der alte Wächter auf dem Turme hatte nämlich
das Feuerzeichen nicht gegeben. Er war freilich unschuldig daran; denn
er war in derselben Nacht gestorben. Hans aber war der erste auf der
Brandstelle, wie es einem guten Schornsteinfeger geziemt. Er stürzte in
das brennende Rathaus und rettete wichtige Papiere aus einem Schranke.
Tags darauf ließ ihn der Rat vor sich kommen und fragte ihn, womit
er wolle belohnt sein. Da bat er für seinen Vater um die Stelle des
Turmwächters. Der Vater erhielt sie auch. So hatte er diesem ein
sorgenfreies Alter verschafft.
Dort aus dem Turme lernte Hans noch etwas Neues. Sein Vater
blies morgens, mittags und abends ein geistliches Lied vom Turme über
die Stadt. Hans, der seine alte Liebe zum Musizieren, namentlich zum