Full text: Geschichte der Neuzeit von 1648 bis zur Gegenwart (Teil 6)

Rußland. 
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Da die Russen durch den Fall von Konstantinopel die Heimat ihrer 
geistigen Kultur verloren hatten, regte sich jetzt nach ihrer Befreiung von 
der Mongolenherrschaft der Wunsch bei ihnen, mit den Ländern christ¬ 
licher Kultur im Abendlande in Verbindung zu treten. 
Iwan IV. „der Schreckliche" (1533—1584) suchte sich den Weg 
dahin zu öffnen, indem er gegen den Schwertorden in Livland Krieg 
führte. Er stieß aber dabei auf die Feindschaft von Polen und Schwe- 
den und mußte einen ungünstigen Frieden schließen. — Iwan gewährte 
den Engländern, die den Seeweg über Archangel entdeckt hatten, Handels- 
vorteile, zog Deutsche in das Land, lud Künstler, Gelehrte, Kaufleute 
nach Moskau ein. Er begründete die fast absolute Macht des Zaren- 
tnms in Rußland; während in dem benachbarten Polen der Adel die 
Gewalt an sich riß und das Königtum unterdrückte, machte sich Iwan 
durch die Bildung eines Krondomaniallandes, das zum Unterhalte des 
Zaren bestimmt war, in seinen Einkünften vom Adel unabhängig und 
verschaffte sich die Mittel, ein stehendes Heer, die „Strelzi" (Strelitzeu, d. h. 
Schützen), zu unterhalten. 
1598 starb das Hans der Rnrik aus. Während der darauffolgenden 
Wirren erhoben die Polen einen Jüngling, der behauptete, Demetrius, ein 
Sohn Iwans IV., zu fein, auf den russischen Thron; da er aber die 
Fremden und die römischen Katholiken begünstigte, konnte er sich nicht 
halten und wurde bald wieder gestürzt. 
1613 bestieg Michael Romanow, ein Verwandter der Rnriks, den 
Thron. Sein Enkel ist Peter der Große, der Begründer der Macht¬ 
stellung Rußlands in Europa. 
§ 18. Peter der Große (1689—1725). Peter, der Sohn des 
Zaren Alexei und einer Bojarentochter Natalie Narischkin, geboren 1672 
im Kreml zu Moskau, wurde nach dem Tode seines Stiefbruders Fedor III. 
(1676—1682) zugleich mit seinem schwachsinnigen Stiefbruder Iwan als 
Zar ausgerufen; allein seine Stiefschwester Sophie übernahm die Regierung 
für ihn, ja sie legte sich den Titel einer Selbstherrscherin bei. 
Peter zeigte früh eine große Wißbegier und war zugleich unermüd- 
lich praktisch tätig. Durch den Genfer Lefort wurde er in die Mathe¬ 
matik und die Kriegskunst eingeführt und lernte durch ihn europäische 
Einrichtungen wenigstens vom Hörensagen kennen; auch schuf er sich auf 
dem Landgute Preobrascheusk eine kleine Truppe, die er erst spielend, 
dann ernsthaft einübte. 1689 wurde Sophie eines Mordanschlages gegen 
ihn angeklagt, aus der Regierung verdrängt und in ein Kloster gebracht. 
Peter zog als Alleinherrscher in Moskau ein, schuf, unterstützt von 
Lefort und dem Schotten Gordon, ein Heer nach westeuropäischem Muster, 
legte den Grund zu einer Flotte und nahm 1697 den Türken Asow. 
Noch in demselben Jahre trat er als Mitglied einer russischen Gesandt¬ 
schast seine erste Reise nach dem Westen Europas an. Er besuchte die
	        
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