&te Begründung des Brandenburgisch-preußischen Staates usw.
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Truppenteilen gleichmäßig gehandhabten, straffen Disziplin, und wenig-
stens die Infanterie erlangte dank den unermüdlichen Bemühungen
Friedrich Wilhelms I. und des Fürsten Leopold von Anhalt-Dessan eine
Gewandtheit im Aufmarschieren und raschen Feuern und eine Sicherheit
in der gleichmäßigen Angriffsbewegung in langen Linien, wie sie bisher uir-
gends erreicht worden war. Die Kavallerie erhielt erst durch Friedrich II.
nach dem ersten Schleichen Kriege ihre vorzügliche Ausbildung.
Zugleich erfuhr die Zusammensetzung sowohl des Offizierkorps als
auch der Mannschaften tiefgreifende Wandlungen. War der Offizier
noch in den Heeren des Dreißigjährigen Krieges in erster Linie von dem
Obersten seines Regiments abhängig gewesen, von dem er angeworben
und in Eid und Pflicht genommen wurde und seinen Sold erhielt, so
wurde er in der brandenburgisch-preußischen Armee aus dieser Abhängig-
keit gelöst und trat in den unmittelbaren Dienst seines Landes- und ober-
sten Kriegsherrn.
Friedrich Wilhelm I. zog vor allen die jüngeren Söhne des Land-
adels zum Dienste im Heere heran, er ließ sie, die bisher oft ohne jede
Bildung aufgewachsen waren, in seinen Kadettenhäusern erziehen. Mit
seiner durchgreifenden Energie überwand er die anfangs vorhandene starke
Abneigung vieler Familien gegen die militärische Laufbahn, bis es für
die Söhne des Adels eine selbstverständliche Ehrenpflicht wurde, in die
Armee einzutreten. Der König verstand es, das Offizierkorps von nn-
würdigen Elementen zu reinigen, ihm ein hohes Ehrgefühl anzuerziehen
und einen aristokratischen Charakter aufzuprägen. Aus einem Adel, der
in ständischen Interessen aufgegangen war und sich dem Landesherrn bei
jeder Gelegenheit widersetzt hatte, wurde ein Adel, der sich dem Dienste
des Staatsganzen hingab und durch seine Opferwilligkeit im Siebenjährigen
Kriege den Dank und die Bewunderung des großen Königs und des
ganzen Volkes erwarb.
Während das Offizierkorps fast ganz aus Landeskindern bestand,
setzten sich die Mannschaften nur zur Hälfte aus Inländern, zur
anderen Hälfte aber aus geworbenen Fremden zusammen. Das Kan-
ton-Reglement vom Jahre 1733 wies einem jeden Regiment einen be-
stimmten, in der Nähe seiner Garnison gelegenen Bezirk (Kanton) zu, aus
dem es unter Mitwirkung der Zivilbehörden seinen Bestand an inlän-
dischen Mannschaften ergänzte. Der Inländer ist zwanzig Jahre lang
dienstpflichtig, er wird ein Jahr lang bei der Fahne ausgebildet, dann
in die Heimat beurlaubt und nur noch zweimal einberufen. Es war dies
der erste Schritt zur praktischen Durchführung der allgemeinen Wehr-
Pflicht. Der Ausländer ist zeitlebens Soldat und bleibt dauernd beim
Regiment. Die Armee bestand also zum Teil aus ausgehobenen, kürzere
Zeit dienenden Landeskindern, zum Teil aus geworbenen, ausländischen
Berufssoldaten. Die ganze Einrichtung bewährte sich, bis sie am Ende
des Jahrhunderts infolge der überhandnehmenden Befreiungen von In-
ländern und der Verschlechterung des Materials an Ausländern verfiel.