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II. Verfassung.
Im Jahre 1877 folgte der Prinz seinem Oheim auf dem Thron als
Ludwig IV. (1877—1892). Er hatte eine vortreffliche Ausbildung
erhalten und die Universitäten Güttingen und Gießen besucht. Seine
Gemahlin Alice, eine Tochter der Königin Viktoria von England, erwarb
sich hohe Verdienste durch die Gründung gemeinnütziger Vereine, wie des
Alice-Vereins für Frauenbildung und Erwerb und des Vereins für Kranken¬
pflege. Ludwig IV. war von Kaiser Wilhelm I. zum General der In¬
fanterie, von Kaiser Friedrich, seinem Schwager, zum Generalinspekteur
der III. Armeeinspektion und von Kaiser Wilhelm II. zum Generalobersten
mit dem Rang eines Generalfeldmarschalls ernannt worden. Von seinem
ganzen Volk aufrichtig beklagt starb er plötzlich infolge eines Schlaganfalles
am 13. März 1892. Ihm folgte sein Sohn, der jetzige Großherzog
Ernst Ludwig, geboren am 25. November 1868. Der kunstsinnige,
leutselige Herrscher ist vermählt mit Eleonore, einer Prinzessin aus dem
alten hessischen Fürstenhause Solms-Lich.
Der Erbgroßherzog Georg wurde geboren am 8. November 1906.
11. Verfassung.
§ 1. Der Großherzog. Die Verfassung des Großherzogtums ist
die konstitutionelle Monarchie.
Das Staatsoberhaupt ist der Großherzog. Die Regierung ist in
dem Großherzoglichen Hanse erblich nach dem Rechte der Erstgeburt. Für
den Fall, daß sukzessionsfähige männliche Verwandte (Agnaten) der regie¬
renden Linie nicht vorhanden sind, oder daß der Großherzog minderjährig
ist, bestehen besondere Bestimmungen.
Der Großherzog führt neben seinem Taufnamen den Titel: „Von
Gottes Gnaden Großherzog von Hessen und bei Rhein." Die
Anrede an ihn lautet: „Königliche Hoheit", da die großherzogliche
Würde der königlichen grundsätzlich gleichsteht.
Das Großherzogliche Staatswappen besteht aus einem je
zweimal gespaltenen und geteilten Hauptschild, der in der Mitte einen
Herzschild mit dem kleinen Staatswappen trägt. Die acht Felder des
Hauptschildes enthalten die Wappen der verschiedenen Hauptbestandteile
des Großherzogtums. Das kleine Staatswappen enthält in blauem Schild
einen von Silber und Rot zehnfach gestreiften Löwen, der golden gekrönt
und bewehrt und mit silbernem Schwert in goldenem Griff bewaffnet ist.
Die Landesfarben sind rot und weiß.
Der Großherzog bezieht aus der Staatskasse eine Zivil liste, die
gegenwärtig auf 1265 000 Mt festgesetzt ist. Der Großherzog ernennt
die Minister und Staatsbeamten und übt die oberste Leitung der gesamten
Staatsverwaltung aus; er hat das Recht, staatliche Würden, Titel, Rang-
und Standeserhöhungen, Auszeichnungen und Orden zu verleihen.
Ferner hat er allein das Recht, die Stände einzuberufen, die stän¬
dische Versammlung zu vertagen, aufzulösen und zu schließen.