§ 36. Die Völkerwandrung.
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Der von einem großen Teile seiner Bewohner verlassene Osten
Deutschlands wurde von den slavischen Wenden besetzt. Zu ihnen
gehörten die Pommern, die Obotriten im heutigen Mecklenburg, die He-
veller an der Havel, die Sorben zwischen Saale und Elbe, die Tschechen
in Böhmen und die Mähren an der March.
5. Attila. Die Hunnen waren um 450 nicht mehr so barbarisch
wie früher, sondern hatten von Germanen und Römern manches ge-
lernt. Ihr König Attilas) „die Gottesgeißel", vereinigte die zerstreuten
hunnischen Scharen zu einer gewaltigen Heeresmasse und zwang durch
Waffengewalt und den Schrecken feines Namens die meisten slavischen
und germanischen Stämme von der Wolga bis zum Rheine zu Abgaben
und Heeresfolge. 451 brach er mit einer halben Million Streiter ans 451.
Ungarn auf und fiel in Gallien ein. Da vereinigte zur rechten Zeit der
Feldherr Aötins, „der letzte Römer", Westgoten, Burgunder und andere
Germanen mit feinen eigenen Kriegern zu gemeinsamem Widerstande.
In der Völkerschlacht auf den Katalaunifchen Feldern erlag der
bisher Unbesiegte hauptsächlich der westgotischen Tapferkeit und mußte
das Land räumen. — 452 kam Attila mit einem neuen großen Heere 452.
nach Italien (Gründung von Venedig) und zog gegen Rom, wurde
aber durch den Papst Leo I. zur Umkehr bewogen. Im folgenden Jahre
starb er, und fein Weltreich löste sich in feine Bestandteile auf. 453.
6. Die Vstgoten. Nach der Auflösung des Hunnenreiches lebten
die Ostgoten auf der rechten Seite der mittleren Donau als Nachbarn
des oströmifchen Reiches. Von da führte sie Theoderich der Große,
der feine Jugend als Geisel in Konstantinopel verlebt hatte, nach Italien.
Dort hatte Odoäker, ein Befehlshaber germanischer Söldner, das
Kaisertum gestürzt und 476 sich selbst zum Könige von Italien gemacht 476.
(§ 30, 4). Er wurde von Theoderich in mehreren Schlachten, von denen
die bei Verona die bedeutendste ist, besiegt und in Ravenna be¬
lagert. Nach zwei Jahren ergab sich Odoaker, 493, wurde aber von 493.
dem Sieger, der die Rache des Überwundenen fürchtete, getötet.
Mit Weisheit verstand Theoderich fein neues Reich zu ordnen,
und Italien erfreute sich wieder der Segnungen des Friedens. Den
dritten Teil aller Ländereien verteilte er an feine Goten, die sich über
die Halbinsel zerstreuten, und aus ihnen allein bildete er seine Heere.
Im übrigen behielten Römer und Goten ihre eigenen Einrichtungen
und Gesetze. (Welcher religiöse Gegensatz bestand zwischen Goten und
Römern?) Den gebildeten, aber unkriegerischen Römern überließ er
die Pflege des Handels, der Künste und Wissenschaften. Durch römische
*) Ein germanischer Name; Bedeutung: Väterchen: hochdeutsche Form: Etzel.