Bismarcks Einverständnis mit Frankreichs Kolonialpolitif 21
und geben den französischen Aktionären reichliche Dividenden. Mehrere
große Bansen haben Filialen in Algerien und machen dort gute Ge¬
schäfte. Ferner darf man nicht die französischen Gesellschaften oder
Kapitalisten übersehen, die in der Kolonie ihr Geld in Häusern, Grund¬
stücken und Kulturen angelegt haben. Fast die ganze Dampfjchifflotte,
die den Verkehr mit Algerien versieht, gehört französischen Gesellschaf¬
ten, und diese ziehen daraus beträchtliche Gewinne. Und ist es bedeu¬
tungslos, das Meer von Seeräubern gesäubert, die Schiffahrt [gesichert,
Leuchttürme erbaut und Häfen angelegt zu haben? Algerien besitzt
15 Millionen Hektare anbaufähigen Bodens, die eines Tages nicht 3,
sondern 10 Millionen (Einwohner ernähren werden. Die großen Ar¬
beiten, die wir unternommen haben, Trockenlegung, Aufforstung, Be¬
wässerung, Bau von artesischen Brunnen, Schaffung von Industrien,
Entwicklung des Handels, können später diese Zahlen verdoppeln, ja ver¬
dreifachen. . . .
d) Frankreichs Kolonialpolitik und Bismarck.1
3ules Ferry hatte 1882 gesagt: „Frankreich mutz eine Kolonial¬
macht werden." . . . Bismarck war diesem Ausdehnungsdrange günstig
gesinnt: „wir können uns nur freuen", sagte er, als wir Tunis besetzt
hatten; ... er wünschte uns auch noch Marokko; deshalb schrieb er auch
1880 seinen Bevollmächtigten vor, auf der Besprechung zu Madrid sich
„in ihrer Haltung nach ihren französischen Amtsgenossen zu richten".
3m September 1884 setzte er sich mit unserem Botschafter in Berlin ins
(Einvernehmen, um (England in Schach zu halten. . . . Am 24. Dezember
1885 unterzeichnete er einen Vertrag, der die Grenzen der französischen
und deutschen Kolonien in Westafrika festlegte. . . . Tatsächlich gab
Frankreich Bismarck zur Sorge keinen Anlatz, und «deshalb sprach er am
26. Juni 18842 im Reichstage das volle vertrauen der beiderseitigen
Regierungen zur Aufrichtigkeit und (Ehrlichkeit der gegenseitigen Be¬
ziehungen aus.
1 Tardieu, La France et les Alliances S. 159.
8 Bismarcks Worte waren: „Sie müssen mir das Zeugnis geben, daß wir
namentlich mit der französischen Regierung, mit der jetzigen sowohl als der
vorigen, ununterbrochen in so vertrauensvollen Beziehungen gestanden haben,
daß mein persönliches Wort jederzeit genügt hat, die französische Regierung
über unsere Absichten für die Zukunst vollkommen zu beruhigen. Das ist bei
den historischen Verhältnissen, wie sie sich seit 1870 entwickelt haben, außer¬
ordentlich viel, diesem Maße von Glauben und vertrauen in unserer Politik
dauernd zu begegnen durch mehrere Regierungen hindurch, und ich kann Ihnen
die Versicherung geben, daß dieses gegenseitige vertrauen auch jetzt und für
die Zukunft unverändert fortbesteht. Zwischen unserer und der Regierung in
Frankreich herrscht volles vertrauen auf die (Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit der
gegenseitigen Beziehungen und auf das Wohlwollen, mit dem wir jede fron»