3. Die Blütezeit der griechischen Kultur.
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Der Kunst stellt sich die Literatur ebenbürtig zur Seite. In der Dichtung sind
zwar die Klänge der Lyrik noch nicht verstummt, und zuweilen läßt sich selbst der
5, eld engesang noch vernehmen. Aber die beherrschende Stellung nimmt doch das
Drama ein, dessen Entstehung aufs engste mit den Dionysusfesten zusammenhängt.
Seine beiden Hauptarten sind die Tragödie und die Komödie. Die erstere wurzelt
in den Dithyramben, die ein Chor als Böcke (tragoi) verkleideter Sänger unter Reigen
vortrug. Die Sänger zerfielen in zwei Abteilungen, die von Vortänzern geführt
wurden. Arion sonderte diese vom Chore ab und ließ sie in Rede und Gegenrede
die Schicksale des Gottes erzählen. Die ihren Worten aufmerksam lauschenden Sänger
griffen an geeigneter Stelle ein, indem sie ihrer Stimmung über das Gehörte in einem
Liede Ausdruck verliehen. Durch den Wechsel von Dialog, der als Träger der Hand-
lung (Drama) erscheint, und Gesang war die Tragödie („Gesang der Böcke") eigent-
lich schon zum Schauspiel geworden. Ihre Heimat sind die nordpeloponnesischen
Tyrannenstaaten, in denen die Gewalthaber die Feier des von den Bauern verehrten
Dionysus in bewußtem Gegensatz zu den mehr adeligen Festen des Apollo und Po-
seidon förderten. Daher fanden die Dithyramben auch bereitwillige Aufnahme in
Attika, wo die Pisistratiden ihre Herrschaft auf die niedern Klassen stützten. Die
Dionysien wurden zu einem der höchsten Feste erhoben und für ihre würdige Aus-
stattung Sorge getragen. In Attika entwickelte sich die Tragödie zum Trauerspiel,
das, wie Aristoteles erklärt, die Nachahmung einer längeren, ernsten und in sich ge-
schlossenen Handlung ist, welche durch die schöne Rede der handelnden Personen,
nicht durch Erzählung sich vollzieht und durch Furcht und Mitleid die Reinigung
solcher Gemütsstimmungen bewirkt. Den ersten Schritt zu ihrer Ausbildung tat
Thespis aus dem attischen Dorfe Jkaria, indem er einen Schauspieler hinzufügte,
der durch Frage und Antwort in das Gespräch der Chorführer eingriff, durch Wechsel
seines Kostüms in mehreren Rollen auftreten konnte und so mehr Leben und Be-
weguug in das Stück brachte. Zur schönsten Blüte entfaltete sich das Drama nach
dem Swrz der Tyrannen. Hierzu tmg vor allem die unbeschränkte Redefreiheit,
einer der Grundpfeiler der Demokratie, bei. Man hat das Schauspiel geradezu
„ein Kind der Volksherrschaft und desjenigen Staates genannt, der als das Bollwerk
der Demokratie in ganz Hellas angesehen war". Allmählich lockerte sich der innere
Zusammenhang mit den Dionysien. Die Dichter wählen ihre Stoffe aus alleu
Mythenkreisen und bringen gelegentlich selbst geschichtliche Begebenheiten auf die
Bühne. Zugleich erfährt der Chor eine immer größere Einschränkung. Er soll ja
nicht mehr wie ehedem durch Gesang und Tanz den Gott des Weines preisen. Seine
Tätigkeit besteht vielmehr darin, gleichsam als Zuschauer das Spiel zu verfolgen und
von allgemein menschlichem Standpunkt an den Ruhepunkten des Dramas seine
Teilnahme an dem Schicksal des Helden zu bekunden. Rur in wenigen Ausnahme¬
fällen greift er in den Gang der Handlung ein. Unter dieser Handlung dürfen wir
nicht das Tun an sich verstehen, da dieses undramatisch ist. Deshalb werden viele
Vorgänge, besonders solche, deren Anblick verrohend wirken könnte, wie blutige
Szenen, nicht dargestellt, sondern erzählt.
Durch Äschylus, Sophokles und Euripides entfaltete sich die Tragödie zur schön-
sten Blüte. Äschylus wurde im Jahre 525 geboren. Seine besten Jahre fielen
mithin in die Perserkriege, in denen er rühmlich mitfocht. Auf seinen Dichterberuf
soll ihn Dionysus selbst hingewiesen haben. Im Alter von 25 Jahren begann er
mit der Abfassung von Dramen, deren er im ganzen über 70 schrieb. Je vier bilden
ein zusammenhangendes Ganzes, und zwar drei Tragödien und ein Schwank aus