Full text: Quellenlesebuch (Heft 5. Erg.-H)

18. Vorrede u. Erstes Kapitel aus Friedrichs des Großen Geschichte des Siebenj. Krieges. 117 
bürg in Flor. In Frankfurt an der Oder fabrizierte man russisches Leder; in Berlin, 
Magdeburg und Potsdam seidene Strümpfe und Tücher. Die Fabrik Wegelys 
vergrößerte sich um das Doppelte. Die Anpflanzung der Maulbeerbäume wurde in 
allen Provinzen befördert. Die Diener der Kirche gaben den Landleuten das Beispiel 
und lehrten sie, das kostbare, ursprünglich indische Insekt zu ziehen, dessen Gespinst 
die Seide gibt1. In Gegenden, wo es Holz im Überflusse gab, das aber aus Mangel 
an Flüssen nicht abgesetzt werden konnte, wurden Eisenhütten errichtet, die in kurzer 
Zeit den Festungen und der Armee eiserne Kanonen, Kugeln und Bomben lieferten. 
Im Mindenschen und in der Grafschaft Mark fand man neue Salinen, aus denen 
Salz gesotten wurde. Man vervollkommnete die bei Halle und legte zur Gradierung 
der Sole Gebäude an, die Holz ersparten. Kurz der Gewerbfleiß ward sowohl in 
der Hauptstadt als in den Provinzen aufgemuntert. 
Der König ließ das Stapelrecht, das die Sachsen der Stadt Magdeburg streitig 
machen wollten, wieder in Kraft treten, und durch ewige an den Grenzen aufgestellte 
Duanen^ kam der Handel der preußischen Provinzen dem sächsischen fast gleich. 
Die Emdeusche Handelskompanie trat in wichtige Verbindung mit China. Durch 
Vermindrung der Ausfuhrsteuern in Stettin, Königsberg und Kolberg verdoppelten 
sich die Einnahmen der Duaueu. Alle diese Finanzoperationen hatten die Wirkung, 
daß außer den Einkünften aus Schlesien und Friesland», und ohne daß der König 
seine Untertanen mit einem Heller neuer Auflagen belastete, die Einnahmen der 
Krone im Jahre 1756 um 1200 000 Taler gestiegen waren. Die Zahl der Einwohner 
war, einer in allen Provinzen vorgenommenen Zählung zufolge, auf 5 300 000 ge¬ 
stiegen. Da ohne Zweifel in der Anzahl der Untertanen der Reichtum eines Staates 
besteht, so durfte sich Preußen damals für doppelt so stark halten, als es in den letzten 
Jahren Friedrich Wilhelms, Vater des Königs, gewesen war. 
Die Finanzen und die Rechtspflege nahmen nicht allein die Aufmerksamkeit des 
Königs in Anspruch; auch das Heerwesen, dieses Werkzeug des Ruhmes und der 
Erhaltung der Staaten, ward nicht vernachlässigt. Der König behielt es streng int 
Auge, damit die Disziplin und Subordination in jeder Provinz gehörig aufrecht- 
erhalten werde. Die Truppen versammelten sich regelmäßig alljährlich in den Friedens- 
lagern, wo man sie in großen Evolutionen und Manövern übte. Die Infanterie 
ward geübt in den verschiedenen Entwicklungen, Stellungen, Attacken in der Ebene, 
Angriffen auf Posten, Verteidigung der Dörfer und Verschanzungen, Übergängen 
über Flüsse, in gedeckten Märschen mit umgekehrten Kolonnen, in Rückzügen, kurz 
in allen Bewegungen, die man vor dem Feinde machen muß. Die Kavallerie ward 
geübt in den verschiedenen Arten von Attacken, geschlossen oder getrennt, im Re- 
kognoszieren, im trocknen und grünen Fnragieren, in verschiedenen Stellungen und 
im Auffassen der Gesichtspunkte in vorgeschriebenen Richtungen. In einigen Regi- 
meutern, deren Kantone am bevölkertsten waren, trieb man die Anzahl der Über¬ 
zähligen in jeder Kompanie auf 36, mindestens auf 24; wenn man daher auch keine 
1 Mit ganz besonderer Vorliebe hat der König die Zucht der Seidenwürmer befördert, 
und es gelang ihm auch, durch unablässige Ermahnungen ein allmähliches Aufblühen dieses 
Gewerbzweiges zu bewirken. Doch geriet er nach dem Tode des Königs wieder ins Stocken. 
Nach Mauvillons Angabe betrug die Seidenernte in Preußen 1751 nur 50 Pfund, dagegen 
1757 schon 700 Pfd. Sie steigerte sich bis 1783 auf 11 000 Pfd., und 1785 sollen sogar 17 000 
Psd. produziert worden sein. 
2 Zollstationen. 
3 Ostfriesland.
	        
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