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same, der besonnene Rechner mit dem Sinn für das wirklich Erreichbare
gewinnt. Ihm verheißt der Hof bescheidenen Wohlstand und im Alter
den Ruhesitz unter der Linde. Nicht Verschwenden und Genießen ist
der Reiz des Daseins, sondern tägliches Sparen und Rechnen im kleinen.
Nicht ohne Grund ist die Spareinlage des Heidjers mehr als siebenmal
so groß als die des Bayern. Aber trotz dieses ausgeprägten Sparsinnes
steht kleinlicher Eigennutz auf Kosten des anderen in Verachtung. Ihr
bester Spartopf ist die eigene Bedürfnislosigkeit. Auch der reiche Bauer
der Binnenheide führt meist vierter Klasse: „Ek kom just so froi," und
die großen Ölbauern in Wietze, die täglich mehrere hundert Mark aus
den Ölquellen beziehen, bringen genau so wie früher den Dung selber
auf ihre Felder. Nicht nur dem Range, auch der Arbeitsleistuug uach
ist der Bauer der erste Knecht seines Hofes. Eigentlicher Bauernstolz
im häßlichen Sinne ist hier nicht wie in der Marsch zu Hanse. Es
fehlt an dem schroffen Gegensatz zwischen arm und reich, der eben solches
Empsinden aufkommen läßt. Spiel- und Prozeßsucht ist nicht eigentlich
verbreitet. Über einem Hause bei Walsrode steht der mehr als weise
Spruch: „Nim, Herr, dit Hus in dine Hut, bat Dokter un Afkateu
bliwen but."
Wie sehr Haus und Hof im Mittelpunkt des ganzen Daseins stehen,
spricht vielleicht am besten die Sitte aus, daß nicht der Bauer dem Hos
den Namen gibt, sondern der Hof dem besitzenden Herrn. Hat jemand
einen Hof käuflich oder durch Erbgang erworben, so verliert er mit seinen
Kindern im Vvlksmunde den angeborenen Namen und wird nach dem
Hofe genannt. Hieß er etwa Meyer und erwarb „Roggenhof", so heißt
er von nun ab „Rogge". Nur bei dieser Wertschätzung kann es kommen,
daß in dem ganzen Gebiet der Hof seit alters unteilbar ist. Der alternde
Vater macht mit einem der Söhne, gewöhnlich dem ältesten, einen
Vertrag — selten ein Testament, das als todverkündend gilt — in dem
die schmalen Abfindungen der anderen Kinder festgesetzt werden. Der
jüngere Sohn wurde, wenigstens in früherer Zeit, gewöhnlich Knecht bei
dem sliteren und die Schwester Magd. Das scheint furchtbar hart. In
Wahrheit ist es nicht so hart gewesen, da die Lebensführung des Bauern
und des Knechtes gleich ist. Auf diese Weise aber blieb der Hof im
Besitz der Familie. So hat der ältere dem jüngeren Bruder gegenüber
das Königsgefühl des Grundbesitzers. Soweit das Auge reicht, dehnt
sich sein Land: „Dat is all min", und auf diesem kleinen Stück der
großen Erde lebt er wie ein Kleinkönig unter den Seinen. Und Wieder¬
aus diesem Königsgefühl erklärt sich die Abneigung, von dem ererbten
Besitz zu verkaufen. Selbst den Tausch von Ackerstücken lehnt er ab:
„Dat heft wi jümmer so hatt." Auch in dem Bauern steckt etwas von
der Empfindung, allzeit ein Mehrer des Landes zu sein und seinen Hof
nicht kleiner, sondern größer dem Erben zu hinterlassen.