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die Verschiedenheit der Wohnsitze (c. 13). Die Bewohner der Ebene (tce-
öloüol) waren die Partei der Reichen, die Bergbewohner (ölcmqlol) die
der Armen; die Küsteuauwohuer (naqulot), die sich allmählich durch Teil-
nähme am Handel bereicherten, hielten die Mitte. — Die größte Beschwerde jener
Zeit war das drückende Schuldrecht; der Zinsfuß war (wie überall in frühe¬
ren Zeiten bei mangelndem Hypothekenwesen) sehr hoch; der Gläubiger konnte
den Schuldner als Sklaven verkaufen. Solon sah 1) seine erste Aufgabe darin,
dies beides abzustellen (ö£ioä%&EiCi), wobei er zur Erleichterung der Schuldner
deuMünzsnß herabsetzte, (dasTalent betrug fortan statt 36 nur noch 26,2kg
Silber, d. i. nach jetzigem Silberwerte ungefähr statt 6450 Ms. nur noch
4700 Ms), ebenso mit rückwirkender Kraft den Zinsfuß verringerte und den
Verkauf des Schuldners als Sklaven verbot. Zum Schutz des Mittelstandes
[vgl. die Ursachen der gracchischen Unruhen in Rom und der französischen
Revolution] wurde das Aufkaufen der Bauernhufen zur Bildung größerer Güter-
complexe erschwert.
§. 78. Um die Parteien auf die Dauer zu versöhnen, führte Solon im 594
nächsten Jahre 594 2) eine neue, timokratifche Verfassung ein (Aristoteles
nennt sie dhyaQ%lct tcoIitikyi , verfassungsmäßige Olig., warum? vgl. auch
die fervianifche Verf. in Rom), durch welche die politischen Rechte und Pflichten
nach Verhältnis der Einkünfte aus dem Grundeigentum bestimmt wurden. Alle
Bürger wurden in vier Vermögensklassen geteilt: a) die TtsvraxoöLOfis-
d^ivoi, welche au Getreide mehr als 500 Medimnen (— ca. 260hl), an
Öl und Wein mehr als 500 Metreten (— ca. 195 hl) ernteten; b) die imtug
(300—500M.); c) die &vyirat (150—300 M.); und d) die ftrjrss. Die
erste Klasse allein (welche damals wohl nur aus Eupatrideu bestand) konnte
die höchsten Ämter bekleiden; ihr fielen aber auch die AsiTovpyiai zu: die
Pflicht, größere Zahluugeu für die Staatskasse zu übernehmen (zoQrjyLu,
TQirjQaQ%ia zc.). Die beiden nächsten Klassen waren zu allen übrigen
Ämtern wählbar; die zweite hatte im Kriege den Reiterdienst zu über-
nehmen, die dritte die Schwerbewaffneten zu stellen. An der Volksver-
sammlung durften alle Bürger vou 21 Jahreu an Teil nehmen, auch die
der untersten Klasse, die Theten, die, ohne bedeutenden, oder auch ganz ohne
Grundbesitz, vorzugsweise nur bewegliches Vermögen Hatten: die Tagelöhner,
Handwerker, Kaufleute; entsprechend ihren geringen politischen Rechten
waren sie vom regelmäßigen Kriegsdienst und sonstigen öffentlichen Leistungen
befreit.
§. 79. Von der Volksversammlung (sxxXtjöla), welche einmal im
Jahre stattfand, ging die Wahl der Beamten (auch der Archonten), wie die
Beschlußfassung über alle Staatsangelegenheiten aus. Dadurch, daß sie selb-
ständig verhandelte, vorgelegte Gesetze abänderte zc., unterschied sie sich
wesentlich von der spartanischen Volksversammlung. Die lausenden Regie-
rungsgeschäste, die Verwaltung der Finanzen, sowie die Vorberatung der Vor-
lagen für die Volksversammlung (iiQoßovAsvnoiTa), besorgte die ß o u Ä t?;
dieselbe bestand aus 400 Mitgliedern, 100 aus jeder Phyle, die jährlich
Assmann -Meyer, Abriß it. I. f. ©. 4
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