52 Zweite Periode von 3000 bis 555 v. Chr.
unter Jsagoras der größte Teil des übrigen Adels, dessen Streben ans eine
Beseitigung der solonischen Verfassung hinausging. Indem Kleisthenes in
fluger Benutzung der Umstände diesem Streben entgegentrat, machte er sich
zum Führer des in seinen verfassungsmäßigen Rechten bedrohten Volkes (Her.
c. 66 rov öijfiov TtQOssTULQiltxai). Durch eine Reihe von tiefgreifenden
Weiterbildungen der solonischen Verfassung beseitigte er die letzten Reste der be-
vorzugten Stellung, welche der Adel auch nach Solon noch besessen hatte: er
ist der Begründer der athenischen Demokratie.
Zunächst nahm er 1) den alten 4 Phylen ihre politische Bedeutung als
Verwaltungsbezirke. Statt ihrer wurde das ganze Land in 10 neue Phylen
geteilt, die mit den alten Geschlechts- und Gemeindeverbänden nichts zu schaffen
hatten und rein örtliche Abteilungen waren, die Phylen aber in je 10 Deinen
(Her. c. 69); 2) jede Phyle wählte 50 Vertreter in den Rat, so daß derselbe
um 100 Mitglieder stärker wurde. In einer durch das LooS bestimmten
Reihenfolge wechselte der Vorsitz und die Führung der lausenden Geschäfte im
Prytaneion unter den 10 Phylen, so daß das Jahr in 10 Verwaltuugs-
Perioden von etwa 35 Tagen zerfiel. Demgemäß trat die Volksversammlung
nun auch zehnmal im Jahre zusammen. Ebenso wurde auch die Heliaia auf
6000 Mitglieder erhöht, indem jede Phyle 500 und dazu 100 Ersatzmänner
stellte. 3) Um die höheren Staatsämter dem Parteieinfluß zu entziehen, ge-
schal) fortan die Besetzung derselben aus den Bewerbern durch das Loos (eine
auch erst dem Aristides zugeschriebene Maßregel). 4) Zur Stärkung des
demokratischen Elements wurde nach und nach eine große Anzahl von Metöken
und sogar Freigelassenen in das Bürgerrecht ausgenommen. 5) Auch die
Einrichtung des Ostrakismos wird vielfach auf Kleisthenes zurückgeführt.
Durch denselben wurde es möglich, der allgemeinen Freiheit gefährliche Mit-
glieder der Bürgerschaft auf ehrenvolle Weife, unter Wahrung ihrer privaten
Rechte, aus dem Staate zu entfernen. Erforderlich waren eine öffentliche
Verhandlung und mindestens 6000 Stimmen bei der Abstimmung.
§. 84. Bon allen Seiten erhoben sich nun aber auswärtige Feinde; den
aristokratischen Spartanern wie den oligarchischen Thebauern war die neue Demo-
kratie ein Gräuel; die letzteren waren außerdem noch besonders erzürnt über
den kürzlich erfolgten Anschluß des Asoposthales unter Platääs Führung an
Athen. Die Chalkidier aber gedachten diese Gelegenheit zu benutzen, um die
aufstrebende attische Seemacht zu vernichten. Die Begeisterung des auf seine
eben wieder gewonnene Freiheit eifersüchtigen Volkes erwies sich jedoch stärker
als die Übermacht der Gegner. Zwar gelang es dem Könige Kleomenes,
den Jsagoras zurückzuführen und unter Beseitigung der solonischen Verfassung
nach dem Muster dorischer Staaten ein streng aristokratisches Regiment einzu-
setzen (tQLrjxoöioLöL xolöi TöayoQBco ötccöLcotrjöL tag ccqx^S £VE%ßiQi&
Her. c. 72). Aber das Volk erhob sich und vertrieb die spartanische Besatzung
wieder von der Akropolis (Her. 1. c.).
Dann veranlaßte Kleomenes ein gemeinsames Vorgehen der Peloponnesier,
Thebaner und Chalkidier (Her. c. 74); aber ehe es noch zur Action kam, lief das