Full text: Abriß der Geschichte des Mittelalters (Teil 2)

Heinrich IV. und Gregor VII. 
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daß die Papstwahl dem römischen Volk und Adel entzogen und dem Cardi- 
nalscollegium übertragen war, wodurch die selbständige Stellung des 
Papstthums dauernd begründet wurde. Als Papst (seit 1073) erzwang er mit 
der größten Strenge den Cölibat der Geistlichen, weil diese allein der Kirche 
leben sollten; und um der schändlichen S imonie ein Ende zu machen, sprach er 
allen weltlichen Machthabern das Recht der Ernennung zu geistlichen Aemtern 
(I n v e st i t u r r e ch t) ab. Wegen der Anklage auf Simonie lud er Heinrich IV. 
nach Rom vor, und als dieser ihn absetzen ließ, belegte er denselben mit dem 
Bann (Februar 1076). Dieses benutzten die deutschen Fürsten zu der Er- 
Klärung (in Tribur, Oct. 1076), wenn der Kaiser sich nicht binnen einem 
Jahre von dem Banne befreie, werde er abgesetzt werden. Heinrich, jetzt eben 
so veizagt wie früher übermüthig, eilte nun mitten im Winter (Januar 1077) 
über die Alpen und demüthigte sich vor dem Papste in der Burg zu Canossa 
(wo dieser vor ihm bei seiner Freundin, der Gräfin Mathilde, Zuflucht 
gesucht hatte), indem er 3 Tage „vom Morgen bis zum Abend" in Büßer- 
tracht im Vorhofe harrete. Gregor VII. nahm zwar jetzt wegen dieser Buße 
den Bann zurück, doch mit dem Zusatz, die Krone könne Heinrich erst dann 
wiedererhalten, wenn er sich gegen die Anklagen der Fürsten vertheidigt habe; 
— diese aber sprachen zu Forchheim, März 1077, ohne neue Untersuchung 1077 
die Absetzung des Kaisers aus, erklärten Deutschland für ein Wahlreich 
und erwählten sogleich Rudolf von Schwaben zum Kaiser. — Es folgte 
ein 30jähriger Krieg, in welchem es Heinrich IV. bald genug gelang, den 
Gegenkaiser Rudolf zu bezwingen (bei Merseburg 1080) und dann Gregor VII. 
aus Rom zu vertreiben; Gregor starb indeß in der Verbannung (1085), ohne + 1085 
daß er das Ziel seines Strebens aufgab, das auch seine Nachfolger mit gleicher 
Festigkeit im Auge behielten. So traten immer neue Gegenkönige wider 
Heinrich IV. auf, unter diesen zwei seiner Söhne. Der älteste derselben, 
Konrad, erlag vor ihm (1098), der jüngere, Heinrich (V.), behauptete sich. 
Unter den Wirren des Bürgerkrieges verbreitete sich auch in Deutschland 
die in Frankreich statt des Gottesfriedens eingeführte Treuga Dei (um 1080), 
ein Waffenstillstand, indem „zur Heiligung des Sonntags die Fehden von 
Mittwoch Abends bis Montag Morgens ruhen sollten." Heinrich IV. aber 
hatte im Widerspruch mit seinen früheren Plänen unter dem Drange der Ver- 
Hältnisse zwei Geschlechter erhoben, die sich langehin einander feindlich gegen¬ 
übertraten , die Welsen und Hohenstaufen. Aus jenem altberühmten 
Geschlechte erhielt Wels IV. (Sohn der letzten welsischen Erbin Kunigunde 
und dcs italischen Markgrafen A z z o von Este) anstatt Otto's von Nord- 
heim Baiern (1070); der erste bekannte Hohenstaufen Friedrich von 
Büren, erlangte an Rndolf's Stelle Schwaben als erbliches Herzog- 
thnm (1079) und wurde mit Heinrichs IV. Tochter Agnes vermählt. Auch 
die Welfen behielten Baiern erblich.
	        
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