Full text: Lehrbuch der Geschichte der Völker und Staaten des Alterthums

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Namen stehen blieben, und mit ihnen die Erinnerungen 
der Patrizier an ihre ehemalige Große und Unbeschränkt¬ 
heit: da ferner eben diese Patrizier, wie die geringsten 
Staatsbürger, seit fast 5 Jahrhunderten von Familie zu 
Familie in dem Wesen einer Republik auferzogen, an 
das Interesse der jährlich wechselnden Staatsämter ge¬ 
wöhnt, mit Vorurtheilcn und Leidenschaften gegen Allein¬ 
herrscher und Alleinherrschaft erfüllt, ja I endlich nach 
Gesetzen und Sitten zum Mord und Krieg gegen diesel¬ 
ben verpflichtet und berechtigt waren, und demgemäß eben 
so wenig ihr Verhältniß unter sich als zum Throne finden 
konnten: so wird eben dadurch theils die schwierige und 
fast unauflösliche Aufgabe deS ersten Imperators — seine 
usurpirte Macht zu lcgalisiren! — alö das Ergebniß sei¬ 
ner Regierung für die nächst folgenden Jahrhunderte er¬ 
klärt: „daß nämlich die Depositäre der Machteinheit, die 
„Imperatoren, fortdauernd zu kämpfen haben aus Man¬ 
age! einer nationalen Verfassung, mit dem alten repu¬ 
blikanischen Römerthum; daß ihre Pcrchnlichkcit cntwe- 
„der in Despotie oder in Schwäche der-Regierung aus- 
„ arten mußte; daß Verschwörungen gegen dieselbe an 
„die Stelle der Factionen treten, ja! daß selbst die vor- 
„ trefflichste Persönlichkeit einzelner Imperatoren nicht hin- 
„ länglich war, um die gegenseitigen Interessen derHaupt- 
„stadt Rom und deS römischen Reichs gesetzlich auszu- 
„gleichen." — Schwierig aber, ja! fast unmöglich war 
allerdings die Aufgabe, aus dem Gerüst der alten Stadt- 
Republik eine Staatsverfassung für das Römer-Reich zu 
erschaffen, welche die Kraft monarchischer Einheit mit 
der Freiheit gesellschaftlicher Entwicklung in sich vereinigte. 
Denn die verschiedenartigsten Völker und Staaten dreier 
Erdtheile waren durch Waffengewalt zu einem Ganzen 
vereinigt, ihre Verfassungen zertrümmert, ihre Dynastien 
ausgerottet, ihr Wohlstand zerrüttet, ihre Sitten verkneche 
tet, ihre politische, wie ihre moralische Kraft denationali- 
sirt llnd verrdmert worden! — Und wenn nun diese durch 
die eisernen Würfel des Krieges zusammengeraffte Mensch¬ 
heit nichts anders wieder sittlich und bürgerlich in Liebe 
und Treue, Stärke und Einheit verbinden konnte, 
als die Idee einer auf Liebe und Wohlfahrt gegrün¬ 
deten, dem Bildungsgrade volksthümlich angemeßner, 
Gesetzgebung und Verfassung, als die tröstende Hoff¬ 
nung in der Gegenwart die Wunden der Vergangenheit 
geheilt und einer glücklichem Zukunft entgegen zu se¬ 
hen: so war dagegen nichts tn dem. universalen Römer
	        
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