Full text: Abriß der Geschichte der neueren Zeit (Teil 3)

Die Befreiungskriege 1813. 1814. Der Wiener Kongreß. 145 
In Folge des Pariser Friedens blieben besonders zwei Ursachen der Un- 1814 
Zufriedenheit, die gestattete rücksichtslose Herstellung alter Verhältnisse im Inneren 
der Staaten (vorzüglich in Spanien, aber auch in Italien, Deutschland, der 
Schweiz) und Nichtbeachtung der Nationalitäten, in Belgien, Polen :c.; — 
günstiger gestaltete sich das Verhältniß Norwegens, das sich mit Schweden 
gegen Anerkennung der Verfassung, die es sich selbst gegeben hatte (Nov. 1814), Nov. 
verband. 
Der Wiener Congreß, 1814. 1815. 
Aus dem Wiener Congreß (1. November 1814 bis 9. Juni 1815) wurde l. Nov.^ 
eine Ausgleichung der Forderungen unter den europäischen Mächten nur schwer ^^15 
und nicht ohne Beeinträchtigung naturgemäßer (nationaler) Ansprüche erzielt. 
1. und 2. Rußland gedachte ganz Polen für sich zu erhalten, Preußen 
sollte durch Sachsen entschädigt werden. Gegen die Verschlingung Sachsens 
aber erhoben sich Oesterreich, England und Frankreich, die schon einen Waffen- 
bnnd schlössen, als Alexander nachgab. Preußen behielt einen Theil Polens, 
begnügte sich mit 2/5 des Königreichs Sachsen und bekam außerdem die wichtigen 
Rheinlande, womit es den Schutz Deutschlands gegen Frankreich 
übernahm. 
3. Oesterreich verzichtete dagegen auf Herstellung am Rhein und run- 
dete sich im Osten ab. Nach einem Vertrage des Congresses vom 31. Mai 1815 
wurde Belgien (die ehemaligen österreichischen Niederlande) mit dem Königreich 
der Niederlande verbunden, eine künstliche Schöpfung zur Schutzwehr gegen 
Frankreich. Oesterreich behielt Venedig (die ionischen Inseln wurden ein 
Freistaat unter englischem Schutz), nahm Mailand, Galizien wie Jllyrien 
zurück (Krakau ward eine freie Stadt [bis es 1846 an Oesterreich kam]) ?c. 
— Baiern, das Tyrol zurückgab, wurde durch die Pfalz jenseit des Rheins 
entschädigt. 
4. Für Deutschland war die Herstellung des „Kaiserthums" schon im 
Pariser Frieden aufgegeben: viele kleinere Staaten verlangten freilich nach einem 
Kaiser; da aber die einzelnen Fürsten eifersüchtig auf ihre Souveränetät hielten, 
blieb Nichts übrig als ein Staatenbund, der durch die Buudesacte vom 
8. Juni 1815 geordnet wurde — ohne den Anforderungen an einen „Bundes- 
staut" zu entsprechen. 
5. In der Schweiz kamen zu den 19 Cantons Genf, Wallis und 
Neufchatel (das 1707 aus der orauischeu Erbschaft an Preußen gefallen war) 
hinzu; ein neuer Bundesvertrag begünstigte die Souveränetät der Cantons und 
auch hier kam es noch nicht zu einem Bundesstaate. 
6. In Italien bestanden nur souveräne Staaten ohne Bund, doch 
erlangte Oesterreich ein entscheidendes Uebergewicht (der ehemalige König 
von Etrurien erhielt Lucca und die Anwartschaft auf die Staaten der Marie 
Louise [t 1848]; der König von Rom ward Herzog von Reichsstadt, t 1832). 
Assmanu-Mcyer, Abriß k. III. 
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