Full text: Abriß der Geschichte der neueren Zeit (Teil 3)

Napoleon's Sturz. Ausbreitung der Freiheitsbestrebungen. 147 
für ihn zum Aufenthalt, wo er mißgestimmt und kränkelnd, doch mit Studien 
und Dictaten (über seine eigene Geschichte) beschäftigt, bis 5. Mai 1821 lebte, f 1821 
Die Revolution schien durch die zweite Herstellung der Bonrbons völlig 5- Mm 
geschlossen zu sein. Alexander stiftete den heiligenBnnd, dem die „Vorschriften 
der heiligen christlichen Religion zur Richtschnur" in der inneren und äußeren 
Politik vorgezeichnet wurden. Schon der Gedanke eines solchen Bündnisses unter 
drei der mächtigsten Fürsten, die den drei christlichen Hauptkirchen angehörten, 
war ein Fortschritt, des neunzehnten christlichen Jahrhunderts würdig; bald sollte 
sich indeß auch hierbei zeigen, daß niemals unter den Menschen ein großer Ge¬ 
danke rein zur Wirklichkeit gelangt! 
II. 
Die Ausbreitung der Freiheitsbestrebungen in Europa und 
Amerika, 1815 bis 1870. 
Das unter den Befreiungskriegen stärker erwachte Selbstgefühl der enro- 
päischen Völker rief ein Streben derselben für Freiheit im Inneren und für 
nationale Selbständigkeit hervor, das aber zu großen Kämpfen mit den 
bestehenden Verhältnissen führte. Durch diese wurde oft die Ordnung furcht- 
bar erschüttert, und nur unter wiederholten Schwankungen wurden bessere Zu- 
stände herbeigeführt. 
A. 1. Der Einfluß Rußlands wurde durch die Befreiungskriege über- 
wiegend. Alexander I. (1801 bis 1825) hielt sich in weichherziger Religio- 
sität von der Vorsehung berufen, die bestehende Ordnung vollständig aufrecht zu 
erhalten, und trat deshalb mit dem heiligen Bunde auch den Freiheitsbestre- 
bungen der Völker entgegen. 2. Von England ging der nächste Anstoß zu 
einer freieren Entwickelung aus. Das erkannte der freisinnige Canning mit 
der größten Klarheit, „daß es eben so wenig dem Vortheilö Englands entsprechen 
könne, wenn die Freiheit bei anderen Nationen, als wenn sie in England selbst 
untergraben würde." Er trat kühn den Grundsätzen des heiligen Bundes ent¬ 
gegen und unterstützte die Freiheitsbestrebnngen, wie zuerst in Amerika, so in dem 
bvittischen Reich, in Griechenland — wo nun auch Rußland dabei zu 
Hülse kam — und in Portugal. Was iy derselben Zeit besonders in Frank- 
reich und Deutschland zur Hemmung einer freien Entwickelung geschah, sollte 
erst später neue revolutionäre Bestrebungen im Gefolge haben (die Jnli-Revolu- 
tion des Jahres 1830). 
B. Die französische Juli-Revolution rief in mehreren europaischen 
Ländern bedeutende Folgen hervor: die Trennung Belgiens von Nord-Nicdcr- 
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