Die Periode des französischen Uebergewichts.
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Reserve war. Napoleon wußte von Allem; er richtete immer neue Angriffe 1859
auf das Centrum, wo die Höhe von S o l f e r i n o der Hauptpunkt des
Kampfes wurde. Nachdem er Solferino trotz heldenmüthiger Gegenwehr ge-
nommen hatte, wußte er durch einen zweiten Stoß, gegen C a v r i a n o, die
österreichischen Generäle zu verwirren, die ein heftiges Gewitter benutzten, um
sich in guter Ordnung zurückzuziehen; nur Benedek hatte auf dem rechten
Flügel die Piemontesen völlig zurückgeschlagen.
Das siegreiche Vordringen Frankreichs schien indeß das europäische
Gleichgewicht zu bedrohen, welches der Prinz-Regent von Preußen zu
sichern verheißen hatte. Am 14. Juni hatte dieser seine ganze Armee mobili-
firt. So dachte Napoleon darauf, den Krieg in Italien rasch zu beendigen. 8. Juli
Am 8. Juli wurde ein Waffenstillstand geschlossen; bei einer persönlichen Zu-
sammenkunft der beiden Kaiser in Villafranca kamen am 11. Juli die 11.Juli
Präliminarien zu Stande. Oesterreich trat die Lombardei an
Frankreich ab, damit dieses sie an Sardinien überlasse; Italien sollte
ein Föderativ st aat werden. Die Rückkehr der vertriebenen Fürsten
wurde „vorbehalten", wenn ihre Bevölkerungen einverstanden seien. Confe-
renzen in Zürich sollten das Weitere bestimmen.
Napoleon III. zog triumphirend in Paris ein; der Kaiser von Oester-
reich erklärte in einem Manifest: „er habe den Frieden geschlossen, um die
Einmischung Dritter zu verhüten, welche die Bedingungen nur ungünstiger
gestaltet haben würden." Dies galt gegen Preußen, dessen selbständiges
Auftreten Oesterreich nur ungern sah. Der definitive Frieden zu Zürich
(10. Nov.) bestätigte die Präliminarien, doch hatte sich damals schon entschieden, 10. Nov.
daß so wenig an Rückkehr der Fürsten wie an einen „Föderativstaat" zu den-
ken sei.
So war — zehn Jahre nach Zurückweisung des ersten Aufflammens
des italiänischen Einheitsstrebens im Jahre 1849 — ein großer Schritt zur
Gründung eines nationalen Italiens geschehen. Der rasche Erfolg
war dem energischen Streben der freisinnigen Staatslenker Sardiniens wie
der Unterstützung des mächtigen Nachbars zu danken, der die neue Schöpfung
als eine Notwendigkeit erkannte und nur eine allzukräftige Gestaltung der-
selben in Schranken wies. Als neben Parma und M o d e n a auch (wider
Napoleon's Bevorwortuug) Toscana,ja selbst die päpstlichen Legationen
sich dem sardinischen Staate angeschlossen hatten (März 1860), mußte dieser
dagegen auf Savoyen und Nizza Verzicht leisten (April 1860), die 1860
mittels des den Bewohnern dieser Länder zugestandenen „suffrage universel" April
von Frankreich „annectirt" wurden.
Bald aber führte der Aufschwung, den die italiänifche Nationalität ge¬
nommen hatte, zu immer weiteren Zielen. Die widerstrebenden Elemente fan-
den sich vor Allem im Kirchenstaate und im Königreich Neapel. Napoleon
hatte schon 31. Dec. 1859 den Papst in einem eigenhändigen Schreiben er-
mahnt, auf die abgefallenen Provinzen zu verzichten; ja er ließ den Gedanken
verbreiten (durch eine Schrift Laguerroniöre's): der Papst möge sich