Full text: Abriß der Geschichte der neueren Zeit (Teil 3)

Die Periode des französischen Uebergewichts. 
173 
Reserve war. Napoleon wußte von Allem; er richtete immer neue Angriffe 1859 
auf das Centrum, wo die Höhe von S o l f e r i n o der Hauptpunkt des 
Kampfes wurde. Nachdem er Solferino trotz heldenmüthiger Gegenwehr ge- 
nommen hatte, wußte er durch einen zweiten Stoß, gegen C a v r i a n o, die 
österreichischen Generäle zu verwirren, die ein heftiges Gewitter benutzten, um 
sich in guter Ordnung zurückzuziehen; nur Benedek hatte auf dem rechten 
Flügel die Piemontesen völlig zurückgeschlagen. 
Das siegreiche Vordringen Frankreichs schien indeß das europäische 
Gleichgewicht zu bedrohen, welches der Prinz-Regent von Preußen zu 
sichern verheißen hatte. Am 14. Juni hatte dieser seine ganze Armee mobili- 
firt. So dachte Napoleon darauf, den Krieg in Italien rasch zu beendigen. 8. Juli 
Am 8. Juli wurde ein Waffenstillstand geschlossen; bei einer persönlichen Zu- 
sammenkunft der beiden Kaiser in Villafranca kamen am 11. Juli die 11.Juli 
Präliminarien zu Stande. Oesterreich trat die Lombardei an 
Frankreich ab, damit dieses sie an Sardinien überlasse; Italien sollte 
ein Föderativ st aat werden. Die Rückkehr der vertriebenen Fürsten 
wurde „vorbehalten", wenn ihre Bevölkerungen einverstanden seien. Confe- 
renzen in Zürich sollten das Weitere bestimmen. 
Napoleon III. zog triumphirend in Paris ein; der Kaiser von Oester- 
reich erklärte in einem Manifest: „er habe den Frieden geschlossen, um die 
Einmischung Dritter zu verhüten, welche die Bedingungen nur ungünstiger 
gestaltet haben würden." Dies galt gegen Preußen, dessen selbständiges 
Auftreten Oesterreich nur ungern sah. Der definitive Frieden zu Zürich 
(10. Nov.) bestätigte die Präliminarien, doch hatte sich damals schon entschieden, 10. Nov. 
daß so wenig an Rückkehr der Fürsten wie an einen „Föderativstaat" zu den- 
ken sei. 
So war — zehn Jahre nach Zurückweisung des ersten Aufflammens 
des italiänischen Einheitsstrebens im Jahre 1849 — ein großer Schritt zur 
Gründung eines nationalen Italiens geschehen. Der rasche Erfolg 
war dem energischen Streben der freisinnigen Staatslenker Sardiniens wie 
der Unterstützung des mächtigen Nachbars zu danken, der die neue Schöpfung 
als eine Notwendigkeit erkannte und nur eine allzukräftige Gestaltung der- 
selben in Schranken wies. Als neben Parma und M o d e n a auch (wider 
Napoleon's Bevorwortuug) Toscana,ja selbst die päpstlichen Legationen 
sich dem sardinischen Staate angeschlossen hatten (März 1860), mußte dieser 
dagegen auf Savoyen und Nizza Verzicht leisten (April 1860), die 1860 
mittels des den Bewohnern dieser Länder zugestandenen „suffrage universel" April 
von Frankreich „annectirt" wurden. 
Bald aber führte der Aufschwung, den die italiänifche Nationalität ge¬ 
nommen hatte, zu immer weiteren Zielen. Die widerstrebenden Elemente fan- 
den sich vor Allem im Kirchenstaate und im Königreich Neapel. Napoleon 
hatte schon 31. Dec. 1859 den Papst in einem eigenhändigen Schreiben er- 
mahnt, auf die abgefallenen Provinzen zu verzichten; ja er ließ den Gedanken 
verbreiten (durch eine Schrift Laguerroniöre's): der Papst möge sich
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.