Full text: Abriß der Geschichte der neueren Zeit (Teil 3)

Die außerdeutschen Staaten. 207 
während die Cortes Spanien für eine „Föderativrepublik" mit Selbstverwaltung 1873 
der einzelnen Staaten auf breitester demokratischer Grundlage erklärten (nach dem 
Muster der Schweiz und Nordamerikas). Die Regierung, an deren Spitze als 
Präsident zuerst Castelar, dann seit dem 3.Januar 1874 vermittelst eines ein- 1874 
fachen Staatsstreiches (Sprengung der Cortes durch den Commandanten von 
Madrid, General Pavia) der Marschall Serrano stand, vermochte keine ent- 
scheidenden Erfolge gegen die Karlisten zu erringen, auch dann nicht, als sie nach 
dem Vorgange Deutschlands von den europäischen Staaten anerkannt war. 
Der größte Theil der Armee war mit Serrano's persönlicher Oberleitung nnzu- 
frieden und als am 29. December der General Martinez Campos in Murviedro 29. Dec. 
den Sohn der entthronten Jfabella zum König proclamirte, erklärte sich das 
Heer für diesen. Serrano dankte ab und am 14. Januar 1875 traf der 1875 
damals noch nicht 18 Jahre alte Alfons XII. in Madrid ein. 
Portugal widerstand glücklich, hauptsächlich durch die Festigkeit seiner tüch- 
tigen Regenten, allen Lockungen der „iberischen Partei", die vorwiegend in 
Spanien ihren Sitz hatte, aber auch in Portugal Anhänger fand. Die von 
dieser Partei angestrebte „Vereinigung der beiden Staaten" wäre zweifellos mit 
dem Untergange der selbständigen portugiesischen Nationalität gleichbedeutend 
gewesen. Indem es sich den Fragen der großen Politik gänzlich fern hielt und 
sich auf seinen kleinen Kreis beschränkte, trat seit den 50er Jahren, im wohl¬ 
tuenden Gegensatze zu den spanischen Wirren, für die Entwicklung des Landes 
eine Periode der Ruhe und des aufblühenden Wohlstandes ein. 
2. Oesterreichisch-ungarische Monarchie. Der unermüdlich fort- 
gesetzte passive Widerstand, welchen Ungarn der am 26. Febr. 1861 octroyir- 1861 
ten Gesammtstaatsverfassnng entgegenstellte, führte endlich in Folge 
der Ereignisse d. I. 1866 zur Nachgiebigkeit der österreichischen Regierung, um 
einen „Ausgleich mit Ungarn" zu Stande zu bringen. Der frühere säch- 
sische Minister, Herr von Benst, wurde am 7. Februar 1867 zum Minister- 1867 
Präsidenten ernannt. Schon am folgenden Tage einigte sich derselbe mit Deak, 
dem populärsten Staatsmanne Ungarns; alsbald war „der Ausgleich" eine 
vollendete Thatsache, indem Ungarn auf die reine „Personal-Union" verzichtete 
und die „Gemeinsamkeit der Diplomatie wie des Heeres" (mit einigen Ein¬ 
schränkungen) zugestand. Für die gemeinsamen Angelegenheiten haben sich die 
beiden Reichshälften durch „Delegationen" zu verständigen. Die Einsetzung 
eines „verantwortlichen Ministeriums für Ungarn" unter Graf Andrassy rief 
großen Jubel hervor; Franz Joseph I. empfing unter lauten „Eljens" 8.Juni 3. Juni 
die Krönung als constitntioneller König von Ungarn. Der beabsich- 
tigte Dualismus der eis- und transleithanischen Reichshälfte fand indeß 
nicht überall Anerkennung. Für die Gestaltung Transleithaniens rief das 
Verhältniß Ungarns zu den Nebenländern manche Schwierigkeiten hervor, 
doch wurde ein Ausgleich mit Croatien im September 1868 erreicht; dem 
Widerstande der Sachsen in Siebenbürgen tc. sollte der Erlaß eines 
Nationalitätengesetzes ein Ende machen (29. November 1868). In der 1868 
cisleithanischen Reichshälfte war die Opposition der slavischen Natio¬ 
nalitäten gegen die neue Verfassung weit schwerer zu brechen. Die leiden-
	        
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