Full text: Abriß der Geschichte der neueren Zeit (Teil 3)

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Grade, daß es ibhn schon 1764 als Unterhändler naeh London 
schickte, als das Vorspiel des amerikanischen Freihbeitskampfes 
begann. Er konnte jedoch nichts ausriehten, und kaum der Ver- 
haftung entflohen, ging er 1776 als Gesandter nach Paris, wo 
man ihn mehr für einen alten Bauern als für einen Staatsmann 
hielt; doch ehrte ihn der König hoch und Franklin sah seine zahl- 
losen Bemũühungen dadureh gekrönt, dab Frankreich die Republik 
anerkannte und ihr in der höchsten Not Hilfe zur See sandte. Beiĩ 
seiner Rückkehr nach Amerika wurde er daher mit Jubel empfangen, 
und als er 1790 in seinem 85. Jahre sein verdienstreiches Leben 
beschlob, war die Trauer so grob, daß die amerikanischen Zeitungen 
mit schwarzem Rande ausgegeben wurden und der Kongreß eine 
monatliche Trauer für samtliche Staaten ausschrieb. 
102. Sohillors Lehrjahre in Stuttgart und seine Fluoht. 
In der Nahe von Stuttgart besab der Herzog Karl Eugen von 
Württemberg ein Lustschlob, die Solitude. Dieses lieb er in eine 
Erziehungsanstalt umwandeln, welcher er zuerst den Namen 
Militar-Akademie“ gab, da er die Absicht hatte, darin Offiziere, 
namentlich Söhne von Adeligen, heranzubilden. Später erweiterte 
er die Anstalt zu einer Akademie, in welcher aueh Juristen, Irzte 
und RKünstler der verschiedenen Kunstgattungen ausgebildet 
werden konnten. Im Jahre 1775 verlegte der Herzog die von ihm 
heiß geliebte Akademie nach Stuttgart; sie wurde spater meistens 
kurzweg „Rarlsschule“ genannt. 
Als Friedrich Schiller kaum vierzehn Jahre alt war, wurde 
aueh er 1773 in diese Anstalt aufgenommen. Er sowohl als 
seine Eltern folgten nur dem ausdrücklichen Willen des Herzogs 
und mit schwerem Herzen entsagte Friedrich dem sehnlichen 
Wunsehe Theologie zu studieren. Er wahlte nun die Rechtswissen- 
schaft, und als dieses Studium ihn völlig unbefriedigt lieb, die 
Medizin. Es mochte ihm indes zum Troste gereichen, dab die 
Eltern ganz in seiner Nähe weilten; der Vater war nämlich zum 
Aufseher der herzoglichen Gartenanlagen auf der Solĩtude ernannt 
worden. PFreilich durften dieé Karlsschüler ihre Eltern selten 
besuchen. So gut Herzog Karl es auch mit seiner Anstalt meinte, 
so wenig verstand er es den rechten Geist in ihr zu pflegen und 
seinen Zöglingen das rechte Mab persönlicher Freiheit zu gewähren. 
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