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Preußen und Brandenburg im 16. Jahrhundert.
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den ihm sein Vater gegeben hatte: die Untertanen zu schützen und dem
Adel den Zaum nicht zu lang zu lassen. Pest und Mißwachs hatten eine
allgemeine Notlage hervorgerufen, und einige Adelsgeschlechter gingen Wieder¬
aus „Raub und Nähme"'aus, was sie bei der Jugend des Landesherrn
ungestraft tun zu können meinten. Nach ein paar Jahren aber waren
vierzig adlige Räuber gehängt oder enthauptet. Um für die Zukunft
dem Fehdewesen vorzubeugen, gab der Kurfürst dem Hos- und Kammer-
gericht in Berlin eine neue Verfassung, führte das römische Recht in
Brandenburg ein und stellte den Grundsatz auf, daß jeder das Recht suchen
und finden solle ohne Ansehen der Person.
Mit den Herzögen von Pommern schloß er 1529 zu Grimnitz einen 1529.
Vergleich, in dem ihm jene gegen den endgültigen Verzicht auf die oft
umstrittene Lehnshoheit Brandenburgs beim Aussterben des Mannesstammes
in ihrer Familie die Erbfolge in ihrem Lande zusicherten.
Joachim hatte den Beinamen Nestor, weil sein Rat viel galt bei
den Fürsten des Reiches. Auf den Reichstagen in Worms und Augsburg
glänzte er durch gewandte Reden, die er gegen Luther und die Pro-
Restanten hielt. Wohl wünschte auch er eine Kirchellverbesserung; aber nach
seiner Auffassung war die Auflehnung Luthers, eines einfachen Mönches,
eines Untertanen, gegen Kaiser und Papst nicht der ordnungsmäßige Weg.
Ja, er empfand das Auftreten Luthers als eine Beleidigung seines Hauses,
weil der mächtige Erzbifchof Albrecht von Mainz und von Magdeburg,
der Beschützer Tetzels, sein Bruder war. Mit Abscheu wandte er sich weg
von den traurigen Begleiterscheinungen der Reformation, den Ausschreitungen
der „Schwarmgeister", dem Bauernkriege und den Verirrungen der Wieder-
täuser. Daher verbot Joachim Nestor in seinen Landen die Verbreitung
der Schriften Luthers und die Annahme seiner Lehre. Trotzdem änderte
man dort an vielen Orten vorsichtig die kirchlichen Einrichtungen, ohne
sich ausdrücklich von der katholischen Kirche loszusagen.
Die Gemahlin des Kurfürsten, Elisabeth von Dänemark, las eifrig
die Schriften Luthers und nahm 1528 das Abendmahl in beiderlei Gestalt.
Um dem Zorn des aufgebrachten Kurfürsten zu entgehen, floh sie in das
Kurfürstentum Sachsen, wo sie ehrenvolle Aufnahme fand. Nach dem
Tode ihres Gemahls kehrte sie nach Berlin zurück und widmete ihr Leben
religiösen Beschäftigungen und der Fürsorge für die Armen.
In seinem Testament teilte Joachim Nestor dem Hausgesetz seines
Großvaters zuwider sein Land unter seine Söhne Joachim und Johann
so, daß jener den Hauptteil, dieser die Neumark erhielt, und verpflichtete
beide, der katholischen Kirche treu zu bleiben.
Joachim II., 1585—1571, wegen seiner Gewandtheit in Ritterspielen 1535.
Hektor genannt, führte trotz seines dem Vater gegebenen Wortes die
Reformation ein, indem er am 1. November 1539 mit dem gesamten 1539.
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