Full text: Vom Tode Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart (Teil 3)

ßß 2. Abschnitt. Die Zeit der nationalen Staatenbildung. 
gesetzten Kaiserreich verhängnisvoll werden mußten. Aus Besorgnis vor 
gewaltsamen Umwälzungen bekämpfte er deshalb, soweit sein Arm reichte, 
auch harmlose freiheitliche Regungen, verstärkte aber durch fein scharfes Vor¬ 
gehen die gereizte Stimmung auf der Gegenfeite. 
Der erste, der die Zusage der Bundesakte erfüllte, war der Groß- 
Herzog Karl August von Weimar. Die meisten übrigen Mittel- und 
Kleinstaaten folgten. Aber nur in den süddeutschen Staaten kam es zu 
Volksvertretungen im freiheitlichen Sinne, in denen der Adel wenigstens 
keine zu großen Vorrechte befaß. In Württemberg verursachte die Ver- 
faffungsfrage erbitterte Kämpfe in Reden und Schriften, woran sich Nhland 
lebhaft beteiligte. 
In Preußen hatte der König, als seine Heere zum zweitenmal über 
den Rhein zogen, eine ständische Vertretung mit beratender Stimme ver- 
sprachen. Aber nach der Neugestaltung der Dinge standen die Bewohner der 
neuen Provinzen dem Staat gleichgültig oder gar feindselig gegenüber. In 
der Erwägung, daß es ein Fehler wäre, Staatsbürgern, die noch nicht zur 
Anhänglichkeit an den Staat erzogen waren, Einfluß auf die Gesetzgebung 
zu gewähre», schob der König die Erfüllung feines Versprechens hinaus 
1823. und führte erst 1823 beratende Provinzialstünde ein, die aus Adligen. 
Bürgern und Bauern bestanden und die Interessen der Provinz, aber auch 
des ganzen Staates vertreten sollten. 
2. Die Unterdrückung der Einheits- und Freiheitsbcstrebungen. Das 
Nationalgefühl war durch die deutschen Großtaten auf den Schlachtfeldern 
sowohl wie ans den Gebieten der Literatur, Wissenschaft und Kunst mächtig 
angeregt, aber durch den Wiener Kongreß bitter enttäuscht worden. Namentlich 
unter den Professoren und Studenten, die 1813 die Feder mit dem Schwerte 
vertauscht hatten, und in der von Jahn geleiteten Turnerschaft lebte die 
Begeisterung für Einheit und Freiheit. Schon 1815 bildete sich in Jena 
die studentische Verbindung der Burschenschaft, die sich bald zu einem 
Über ganz Deutschland verbreiteten Bunde erweiterte. Sic wollte ihre 
Mitglieder in freiheitlichem Sinne zu tüchtigen Staatsbürgern erziehen. 
Großes Mißfallen erregte bei ihren rückschrittlichen Gegnern das Wart- 
1817. burgfest, das die Burschenschaft am 18. Oktober 1817 als Gedenkfeier der 
Schlacht bei Leipzig und zugleich der Kirchenverbefferung veranstaltete. 
Als am Abend bei der Wartburg ein Freudenfeuer zur Erinnerung an die 
Leipziger Schlackt brannte, warfen einige Festteilnehmer in jugendlichem Ubermut 
wertloses bedrucktes Papier mit angehefteten Titeln freiheitswidriger Schriften ms 
Feuer, dazu einen Korporalstock, einen Zopf und einen Schnürleib als Zeichen einer 
überwundenen Zeit. 
Schlimmer war es, daß sich in der Burschenschaft eine Gruppe von 
Schwärmern bildete, die in leidenschaftlicher Erregung gegen die Fürsten 
und ihre Diener den „Tyrannenmord" auf ihre Fahne schrieben. Der 
Theologe Sand, dessen Eifer zur Fieberhitze gesteigert war, reiste von
	        
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