3. Die Blütezeit der griechischen Kultur.
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Ein Menschenalter jünger war Sophokles, der 495 geboren wurde. Er war
der erste, der drei Schauspieler verwandte. Dies fand sofort Nachahmung, selbst
bei dem ältern Meister, und die Dreizahl wurde von nun an Regel. Noch bedentungs-
voller war es, daß er jede Tragödie als ein in sich geschlossenes, selbständiges Drama
behandelte und mithin keine Trilogie dichtete. Seine Personen sind schärfer ge-
zeichnet und natürlicher als die seines großen Vorgängers, wenn sie sich auch noch weit
über die gemeine Wirklichkeit erheben. Auch ist die Sprache klarer, und baut sich das
Ganze kunstvoller auf als bei Äschylus. Von seinen mehr als 100 Stücken sind nur
sieben erhalten: Ajas, Antigone, Elektra, König Odipus, Odipus auf Kolonus, die
Trachinierinnen und Philoktet. Ajas, nächst Achill der wackerste Recke vor Troja,
pocht auf seine eigene Kraft, durch die er auch ohne die Gnade der Himmlischen Rühm-
liches zu leisten hofft. Den Beistand Athenes weist er in frecher Überhebung zurück.
Dafür trifft ihn der Zorn der Göttin. Als er sich mit Odyssens um die Waffen Achills
bewirbt, wird dem Schlauen, Vielgewandten der schöne Preis zuteil. Über die Zu-
rücksetzung gerät er in Raserei und stürzt sich in sein Schwert. Im Gegensatz zu Ajas
steht die ebenfalls dem trojanischen Sagenkreise entlehnte Tragödie Philoktet. Dem
Helden des Stückes haben die Griechen bitter unrecht getan. Aber als sie seiner zur
Eroberung der feindlichen Feste bedürfen, söhnt er sich, von Herakles überredet, mit
seinen Gegnern aus und hilft ihnen Troja erobern. Die „Trachinierinnen" schildern
die letzten Schicksale des Herakles, der durch ein von seiner Gemahlin mit vermeintem
Liebeszauber bestrichenes Kleid von den furchtbarsten Schmerzen gepeinigt wird,
und da keine Rettung möglich ist, den Qualen durch freiwilligen Tod ein Ende macht.
„Elektra" ist inhaltlich mit den Ehoephoren des Äschylus verwandt. Die beiden Odipus
bilden in gewissem Sinne eine Einheit, wenn sie auch zu verschiedenen Zeiten auf-
geführt sind. Odipus, der Sohn des Königs von Theben, soll gleich nach seiner Geburt
getötet werden, da die Eltern Unheil von ihm befürchten, wird aber von dem mit
dem Blutbefehl beauftragten Sklaven einem korinthischen Hirten übergeben und von
dessen Herrn, dem Könige von Korinth, an Kindes Statt angenommen. Herange-
wachsen, begibt er sich nach Delphi und hört von Apollo, er werde den eigenen Vater
erschlagen und die Mutter heiraten. Um dem zu entgehen, kehrt er nicht mehr nach
Korinth zurück. Auf seiner Wanderung trifft er in einem Hohlwege mit feinem
Vater zusammen und erschlägt ihn, ohne ihn zu kennen. In Theben gewinnt er die
Herrschaft und nimmt seine Mutter zum Weibe. Nach langer Zeit senden die Götter
zur Bestrafung des unerhörten Frevels Unfruchtbarkeit und Krankheiten über Theben.
Als Odipus die Ursache des Verderbens erkennt, stößt er sich im Übermaße des Schmer-
zes die Augen aus. Von seiner Tochter Antigone geleitet, geht er als armer Bettler
nach Attika, wo er auf dem Hügel Kolonus, im Haine der Enmeniden, die ersehnte
Ruhe findet. Das grausige Verhängnis des Odipus gehört zu den beliebtesten Stoffen
der Tragiker. „Antigone" ist das edelste Reis der ganzen griechischen Dramatik.
Inhaltlich knüpft es an die „Sieben gegen Theben" des Äschylus an. Nachdem die
feindlichen Brüder im Zweikampfe gefallen sind, wird Eteokles ehrenvoll bestattet,
die Beerdigung des Polynikes aber bei Todesstrafe untersagt. Seine Schwester
Antigone, die sich schon so aufopfernd des Vaters angenommen hat, erweist dem
Unglücklichen trotz des Verbots den letzten Liebesdienst, die Gesetze der Menschlichkeit
höher achtend als die Befehle des Staates. Freimütig gesteht sie ihre Tat, da sie
ja nur eine heilige Pflicht erfüllt hat, die höher steht als jede Menschensatzung. Der
König sieht in ihrem Ungehorsam gegen seine Anordnung einen schweren Frevel.
Er hat ein Gesetz, und nach diesem Gesetz muß sie sterben. Unbekümmert um die