§ 89. Das Wiederaufleben der bildenden Kunst.
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Die klassische Richtung bildete sich fort zur deutsch-christlich-roman-
tischen, welche begründet wurde von Overbeck, Schnorr von Carols-
feld und Cornelius in Rom.
c) Bildhauerei. Thorwaldsen, Sohn eines Bildschnitzers in
Kopenhagen, ging nach Rom, wo Carstens ihn in seiner klassischen
Denkweise bestärkte. Er ist der Wiederhersteller der Reliefkunst, aus
der er nach dem Vorbilde der Grieche:: das Malerische verbannte. Für
den Palast auf dem Quiriualischen Hügel, den Napoleon sich zur
Sommerwohnung ersehen hatte, arbeitete er den „Einzug Alexanders
in Babylon". Unter seinen übrigen Werken sind die bekanntesten
Christus und die Apostel tu der Frauenkirche in Kopenhagen und der
sterbende Löwe in Lnzern.
Eine mehr realistische Darstellung versuchte der Deutsche Rauch,
der, in Rom ausgebildet, nach dem Tode der Königin Luise nach
Berlin berufen wurde und durch das Grabdenkmal der Königin
(Fig. 138) im Charlottenburger Mausoleum seinen Rithin begründete.
Dem Andenken an die Freiheitskriege dienen die Standbilder von
Bülow, Scharnhorst, Blücher, Jork und Gneisenan. Das
Reiterdeukmal Friedrichs II. (Fig. 137) in Berlin zeigt den Großen
König mit seinen Zeitgenossen.
Vergleiche die verschiedenen Richtungen der deutschen Literatur und der
deutschen Kunst zur Zeit Napoleons. — Welche Beziehung auf seine Zeit hatte
Thorwaldsens „Einzug Alexanders"?
3. Die bildende "Kunst unter Ludwig I. von Bayern. Der für
alles Schöne und Hohe begeisterte König Ludwig I. von Bayern, der
1825 zur Regierung kam, machte München zum Hauptsitz deutscher
Kunst. Unter den Prachtbauten, die er in allen möglichen Stilen
ausführen ließ, seien erwähnt: die Ludwigskirche, die Ruhmeshalle,
die Propyläen, die Glyptothek (Statnenfammluug) und die alte
Pinakothek (Gemäldesammlung) in München; die Walhalla bei
Regensburg (Fig. 134), welche Büsten deutscher Männer und Frauen
enthält; die Befreiungshalle bei Kelheim.
Der Bildhauer Schwanthaler, ein außerordentlich fruchtbares
Talent, versah die bayrische Hauptstadt mit einer Fülle von plastischem
Schmuck. (Die riesige eherne Bavaria vor der Ruhmeshalle.)
Auch für die deutschen Maler hörte Rom auf, der Mittelpunkt zu
sein, seitdem Cornelius 1819 die Aufforderung erhalten hatte, die
Glyptothek mit Fresken zu bemalen. Bald gab ihm der König neue große
Aufträge für die Piuakothek und die Ludwigskirche. Sein Jüngstes
Gericht an der Altarwand dieser Kirche, eine der bedeutendsten Schöp-
sungen der neueren Malerei, fand nicht den Beifall des Königs, der