Aufschwung Athens.
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Beendigung des Amtsjahres folgte eine Rechenschaftsablage (eöWvT))
vor dem Volk. Die Prytanie wechselte phylenweise, sodaß jede Phyle
nur Vio des Jahres, also 35 oder 36 Tage') im Amte war; der Dirigent
(iiutjra'T7,c) wurde sogar täglich durchs Los bestimmt. 2. Die Volksver¬
sammlung trat jetzt zehnmal im Jahre zusammen, eine Bestimmung, welche
die Bürgerschaft zu größerer Teilnahme an den Staatsgeschäften anregen sollte.
3. Die Gerichtsbarkeit gelangte, soweit sie nicht Sache des Areiopags
war, fast ausschließlich in die Hände der Bürger. Schon Solon hatte
die Heliäa, d. i. das Volksgericht, begründet, aber es läßt sich nichts
Näheres darüber feststellen; jetzt wurde die Zahl der ebenfalls jährlich
wechselnden Heliasten vermehrt, vielleicht schon auf 5000, welche phylen-
weise in zehn Dikasterien zu 500 Mann geteilt, über alle Sachen zu
Gerichte scißm2). 4. Endlich richtete Kleisthenes, um eine Wiederkehr
der Tyrannis für immer unmöglich zu machen, den Ostrakismos (das
Scherbengericht) ein, vermittelst dessen ein angesehener, der Republik ge-
fährlicher Bürger, ohne des Vermögens und der Ehre verlustig zu werden,
gewöhnlich auf 10 Jahre des Landes verwiesen werden konnte, sobald
6000 Stimmen sich gegen ihn vereinigten.
^Aufschwung Athens.] Das athenische Volk machte von der
Freiheit (^opi'a, d. i. eigentl. gleiche Geltung auf dem Markte), die ihm
durch diese Reformen verliehen wurde, lange Zeit einen mäßigen und
bescheidenen Gebrauch. Das Staatsleben bewegte sich im Inneren uud
nach außen in einfachen aber gediegenen Bahnen und wurde gerade da-
durch am meisten befähigt, dem Vorstoß der Perser nachhaltigen Wider-
stand zu leisten3).
1) Die Athener hatten nämlich ein Mondjahr von 12 Monaten zu abwechselnd
29 und 30 Tagen, zusammen also von 354 Tagen; um nun das Mondjahr mit dem
Sonnenjahr in Übereinstimmung zu bringen, wurde ein dreizehnter Monat von
30 Tagen periodisch eingeschaltet. In solchen Schaltjahren dauerte dann eine Prytanie
38 oder 39 Tage.
2) ^Xtafa ist wie dyopa sowohl die Versammlung, als auch der Ort der Ver-
sammluug. Außer den 5000 Heliasten wurden jährlich übrigens noch 1000 Ersatz¬
männer ausgelost.
3) um diese Zeit sagte sich 1. Platää von der thebanischen Hegemonie los und
stellte sich unter den Schutz der Athener; eroberten 2. die Athener die mit Sparta
und Theben verbündete Stadt Chalkis auf Euböa, deren Gebiet mit 4000 attischen
Bürgern (Klernchen) besiedelt wurde; und kämpften 3. die Athener in dem langen
Seekriege mit Ägina mit immer größerem Glück; aber erst 456 wurde die Insel völlig
bezwungen und tributpflichtig gemacht.