Full text: Vom Untergange des Weströmischen Reiches bis zum Westfälischen Frieden (Teil 2 = 6 [des Gesamtw.])

Die Herrschaft der Ostgoten 493—555 
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Einfälle in öströmisches Gebiet, sodaß Zeno mit Freuden auf den Wunsch 
Theoderichs einging, seine Scharen — etwa 2—300000 Menschen — 
nach Italien zu führen und dort ein gotisches Reich zu gründen. Auf 
diese Weise sah sich der Kaiser von einem gefährlichen Feinde befreit, 
und zugleich hoffte er, sein Ansehen in Italien aufs neue befestigen zu 
können. Es kam nun zwischen Theoderich und Odoaker zu drei Schlachten, 
am Jsonzo, bei Verona (wonach Theoderich in der deutschen Sage 
Dietrich von Bern genannt wurde) und 490 an der Ad da; überall be¬ 
siegt, warf sich Odoaker nach Ravenna, wo er nach langer Belagerung 
gegen das Versprechen, daß er am Leben bleiben dürfe, 493 die Thore 
öffnete, von Theoderich aber verräterischerweise ermordet wurde. 
§ 13. Die Herrschaft der Oftgoten 493—555. sTheoderichs 
Regierung 493—526.] Als Herr von Italien entfaltete Theoderich, 
der später mit Recht den Beinamen des Großen erhielt, eine höchst be¬ 
deutsame Wirksamkeit: er gebot außer über die Halbinsel auch über die 
kornreiche Insel Sicilien, die ihm die Vandalen auslieferten, ferner 
über Pannonien, Dalmatien und Teile des südöstlichen Gallien, 
eine Macht, die er dazu benutzte, die übrigen germanischen Reiche zu 
friedlichem Verhalten unter einander zu veranlassen und durch zahlreiche 
verwandtschaftliche Verbindungen in politischem Einvernehmen zu er¬ 
halten; er selbst vermählte sich mit einer Schwester des gefürchteten 
Frankenkonigs Chlodwig, den er (507) an der vollständigen Ausnutzung 
feines Sieges über die Westgoten bei Vougle verhinderte. Dem ost¬ 
römischen Hofe gegenüber verhielt er sich überaus klug; er ließ ihm 
alle äußerlichen Ehren einer Oberherrlichkeit zukommen, prägte den 
Münzen das Bild des Kaisers auf, stellte in öffentlichen Inschriften des 
Kaisers Namen dem seinigen voran, trat aber trotzdem durchaus als 
selbständiger Fürst auf und umgab sich mit allem, was zum Wesen eines 
Kaisers gehörte. 
In der inneren Regierung ließ sich Theoderich hauptsächlich von 
dem vornehmen Römer Cassiodorius beraten. Ackerbau, Handel und 
Gewerbe nahmen unter dem Gefühle der Sicherheit des Landes einen 
schönen Aufschwung. Selbst Künste und Wissenschaften erfreuten sich des 
Schutzes des germanischen Königs, der selbst feine gelehrte Bildung be¬ 
saß und seinen Namen nur durch ein Monogramm aus Blech zu zeichnen 
pflegte. Aber auch jetzt fand keine Annäherung, geschweige denn eine 
Verschmelzung der Sieger und Besiegten statt. Der wirtschaftlich-politische 
Gegensatz, der schon unter Odoaker bestanden hatte, glich sich ebensowenig 
aus wie der religiöse, der zwischen dem Arianismus der Goten und
	        
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