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Konrad II. 1024—1039
nach Unabhängigkeit strebenden weltlichen Fürsten durch den festen
Anschluß der geistlichen Fürsten an die Krone im Zaume gehalten;
aber schon lag die Gefahr nahe, daß jene ihr Ziel doch erreichen würden,
da die deutschen Könige mit den italischen Verhältnissen zu sehr be¬
schäftigt waren, als daß sie der wachsenden Macht der weltlichen Va¬
sallen auf die Dauer wirksam entgegentreten konnten. 3. Das deutsche
Volksbewußtsein hatte sich entschieden gekräftigt, und die Kultur der
Deutschen wurde namentlich durch die Verbindung mit Italien in jeder
Weise gefördert, sodaß auch schon die ersten Geschichtschreiber und Dichter
auftraten, die zwar in lateinischer Sprache, aber nach deutschen An¬
schauungen und von deutschen Dingen schrieben.
[Sitteratur.] Der Langobarde Liutpraud von Cremona ver¬
faßte in leichter uni) fließender Sprache Denkwürdigkeiten Ottos I.; die
Nonne Roswitha (Hrosuit) von Gandersheim bei Goslar besang
in einem Lobgedichte die Thaten Ottos I. und dichtete sechs christliche
Dramen nach dem Vorbilde des Terenz. Der Mönch Widukind von
Corvey (Westfalen) feierte in echt vaterländischem Sinne den Ruhm
seines Sachsenvolkes, und der Bischof Thietmar von Merseburg stellte
mit der Chronik seines Bistums die Geschichte des sächsischen Herrscher¬
hauses und der gleichzeitigen Weltbegebenheiten dar, weniger geschickt und
fein als Widukind, aber mit Sachkenntnis und Wahrheitsliebe. Der
Mönch Ekkehard von St. Gallen arbeitete ein altes Volksgedicht
„Walther von Aquitanien" in lateinische Hexameter um.
3. Die fränkischen o-er salijchen Kaiser 1024—1125.
§ 43. Konrad II. 1024-1039. [Wahrer und Mehrer des
Reiches.] Nach einer kurzen Zwischenregierung wurde auf der schönen
Rheinebene bei Oppenheim Graf Konrad von Franken, der mit
Gisela, der Witwe des Schwabenherzogs Ernst I., vermählt war, fast
einstimmig zum Könige gewählt; er war ein Urenkel Konrads des
Roten (§ 39) und ein Vetter des Herzogs Konrad von Kärnten, seines
Mitbewerbers um die Königskrone.
Konrad II. ging mit praktischem Sinn an seine schwierige Aufgabe.
Um freie Hand gegen Osten zu haben, trat er an den Dänenkönig
Knud die Mark Schleswig ab und machte wieder die Eider zur
Nordgrenze. Dagegen sicherte er sich vertragsmäßig das Königreich
Burgund (Arelate), geriet aber deshalb mit seinem Stiefsohne, dem
Schwaberherzog Ernst II., und mit dem Grafen Odo von Cham-