Full text: Griechisch-römische Altertumskunde

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Palatinische Hügel, gewöhnlich palatium schlechthin genannt. Dies Substantiv be- 
beutet die „Burg", das Adj. Palilia also das „Burgfest", das noch heutzutage 
(am 21. April) als Bründungstag der Stadt gefeiert wird. Diese fast 7 ha große, 
ummauerte Fluchtburg (refugium), die (später sog.) Roma quadrata, 
deren Umfang noch Tacitus (ann. 12,24) nach den 4 Ecken (ara maxima, ara 
Consi curiae veteres, sacellum Larum) angibt, diente in jenen alten un« 
ruhvollen Zeitkäufen als Zufluchts ort für die aus Sklaven und Halbfreien bestehende 
Bauern- und Hirtenbevölkerung der offenen römischen Feldmark, wahrend die (30) 
alten Herren- oder „©utshöfe" (curiae) der patrizischen Geschlechter m nächster 
Nähe unter dem Schutze der Mauern lagen, i) - Allmählich entwickelten steh hur 
und auf den Nachbarhöhen 3 ursprünglich selbständige und wohl auch gelegentlich 
auseinanderstrebende Gemeinden: die tribus der Ramnes, „der Flußanwohner- 
(von Rumonsamnis) auf den beiden Höhen des Palatins, dem dermal und Pala- 
tual (-Palatium), und der nahen kleinen (Erhebung der Velia, die tribus der Lu- 
ceres, der „Hainbewohner" in den Eichenhainen des Cälius (der deshalb früher 
Querquetual hieß) unb in den Buchenhainen des südlichen Esquilins (der Fagutal 
hieß), endlich bie tribus ber sabinischen Tities auf ben „Hügeln" Quirinalund 
Biminal, die hier ein Capitolium vetus und ein auguraculum vetus besaßen 
und von der hier geübten Vogelschau wahrscheinlich ihren Namen (tities-aves) 
führten. Die Gemeinsamkeit der politischen, kommunalen und kommerziellen In¬ 
ternen schlang bald ein festes Band um die 3 tribus, so daß schon fett der 2. 
Hälfte des 7. Jahrhunderts von einer eigentlichen Autonomie bei ihnen kerne Rede 
mehr fein konnte; und da der Schwerpunkt mehr und mehr nach ber Seite des 
Tibers hin rückte, fo ging bie Führung von selbst an bie Ramnes über. Zunächst 
schlössen sich ihnen bie schwächeren Luceres an, unb beide, zusammen jetzt die montani 
genannt, bilbeten bie engere Stabtform bes alten ScptimontCuma (Palatium, 
Cermalus, Velia, Cälius, Fagutal, Oppius, (Eispius am (Esqnilinj.^-Zu dieser 
latinischen (Bemeinbe ber „Siebenbergstabt" trat bie sabinische „Hügelansteb- 
lung" auf bem Quirinal unb Viminal — bie Collini — hinzu. Bei diesem 
Synoikismos. ber um 600 v. (Ehr. vollenbet war, würbe ber „Hauptberg" (bas 
Kapitol) zur gemeinsamen Citadelle (Arx) unb zum Sitze bes höchsten Heiligtums 
(des 3uppiter O. M.), das sumpfige Tal in der Mitte, das bisher, außerhalb bes 
Mauerrings gelegen, als Begräbnisplatz bes „Palatiums" und wohl auch der 
Septimontialstadt gedient hatte, nach feiner (Entwässerung durch die Cloaca maxima 
zum gemeinsamen Marktplatz (Forum) und der nordwärts sich anschließende Platz 
zur gemeinsamen Gerichts- und Versammlungsstätte (comitium) des geeinten 
Stadt-Staates. Nach den Ramnes nannte sich das Gesamtvolk populus Romanus 
Quiritium, „das am Tiberfluß wohnende Volk der (herrschenden patrizischen) 
Gutsherren". Nunmehr zu Verwaltungszwecken in 4 örtliche Bezirke geteilt, ent¬ 
stand bie Tierregioncnstadt (regio Suburana = (Eälius, Esquilina = Oppius unb 
(Eispius, Collina = Quirinalis unb Viminalis, Palatina = Palatium und Velta), 
die schon die 7 traditionellen Hügel ohne den Aventin einschloß. Diese (Einteilung, 
die sich mit der angeblich von Servius Tullius herrührenden (Einteilung in die 4 
städtischen Tribus deckte, hatte bis auf Auguftus Bestand. Wie durch das 
Luperkalienfest (15. Febr.) das Anbenken an bie Stabtform bes Palatiums, 
burch bas Septimontiumfest (11. Dez.) ber 7 alten Berggemeinben bas An¬ 
denken an die Septimontialstadt. so wurde durch die gemeinsame Feier des 
Argeersühnfestes (16., 17. März u. 15. Mai) seitens der 4 Regionen (mit der 
Prozession zu den 27 über bie 4 Regionen verteilten Argeerkapellen) die (Ertnne- 
1) C Schuchardt, Burg und Stadt bei Germanen und Griechen in Neue 
Jahrb. f. d. Klaff. Altertum 1908 S. 305-321. - Mag das Wort curia auch im 
klass. Latein immer nur 1. den Geschlechtsverband, 2. das Versammlungshaus 
eines solchen bezeichnen, so ist die im Spätlatein und im ganzen Mittelalter ge¬ 
bräuchliche Bedeutung „Gutshof", wozu auch die (Etymologie (cuna-cusia, ver¬ 
wandt mit hüs, also Haus und Hof) stimmt, doch wohl die ursprüngliche. 
2) über die älteste Periode der Stadt handelt die hochbedeutsame Arbeit 
von G. Pinza, Monumenti Antichi dei Lincei. XV., 1905.
	        
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