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matoren die Rhapsoden {QcupcpdoL von §dmeiv toSäg Gesänge an¬
einanderreihen), die einzelne Stellen oder ganze zusammenhangende
Stücke bei festlichen Gelegenheiten zum Vortrag brachten. Da die
Rhapsoden die ausgewählten Teile oft willkürlich miteinander verbanden,
vielfache (Einschiebungen machten und dadurch den Text mehrfach ent-
stellten und verdarben, erließ Solon im Jahre 594 die Vorschrift, daß
an den athenischen Nationalfesten von den Rhapsoden rä 'OinjQov e<
fr/voßoXrjs, d. h. in ihrer natürlichen Reihenfolge oder, nach anderer
Auffassung, mit Zugrundelegung schriftlicher Exemplare vorgetragen
werden sollten, so daß dadurch der Zusammenhang gesichert blieb und
fremde Einschaltungen vermieden wurden.
Der Tyrann Peisistratos soll dann durch Dichter die vielfach
auseinander gerissenen Teile zu zwei organischen Ganzen vereinigt und
verordnet haben, (nach anderen erst sein Sohn Hipparchos), daß die
Rhapsoden die so wiederhergestellten Gedichte an den Panathenäen
vollständig und zwar e£ -tnoXtjipewg, d. h. in Ablösung vortrügen.
Gleichwohl gab es später verschiedene Texte, so daß der große Philo-
soph Aristoteles für seinen Schüler Alexander den Großen die Nias
von neuem sichtete und dadurch die ex tov raQdijxog (aus dem Kästchen)
genannte Ausgabe veranstaltete. Unter den alexandrinischen Gelehrten
war es namentlich Aristarchos (um 180 v. Chr.), der für die Rei-
nigung des Textes sorgte. Ihm wird auch die Einteilung der beiden
Werke in je 24 Bücher zugelegt.
§ 4. Die Ilms.
Die Ilias hat nicht den Zweck, den 10 Jahre um die Stadt Troja
oder Ilios tobenden Kampf zu schildern, sondern die [irjvig U/dAmg,
den erst gegen Schluß des Krieges eintretenden Groll des Achilleus
mit den für die Griechen verderblichen Folgen darzustellen, wie auch
die 7 Eingangsverse sagen. Ohne Mitteilung Über den Stand des
Krieges und über die vorausgegangenen Kämpfe verseht uns der
Dichter nach den Worten des Horaz a. p. 148 „in medias res"
(„non secus ac notas auditorem rapit") und macht den Groll des
Achilleus gegen Agamemnon zum einheitlichen Mittelpunkte der Hand-
lung, die sich in nur 51 Tagen abspielt. An die Beilegung des
Zwistes (Buch XIX, zu dem XVI die Grundlage bietet) knüpft sich
die Rache, die Achilleus an Hektor nimmt, da dieser ihm seinen Freund
Patroklos erschlagen hat.
Über die Veranlassung des trojanischen Krieges gibt folgende
Sage Auskunft:
Auf der Hochzeit des Peleus, Königs der Myrmidonen in Thessa-
lien, und der Meergöttin Thetis warf die Göttin Eris (Zwietracht),
weil sie nicht eingeladen war, einen goldenen Apfel mit der Aufschrift:
rrj xalXtarri (der Schönsten) unter die Hochzeitsgäste. Hera, Aphrodite
und Athene beanspruchten eine jede für sich den Apfel. Paris, Sohn
des trojanischen Königs Priamos, erkannte der Aphrodite den Preis
der Schönheit zu, nachdem sie ihm das schönste Weib zugesichert hatte.