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5. Die Zerstörung des Limes.
Dem wiederholten kraftvollen Andringen der Germanen gegenüber
erwies sich die Grenzsperre doch als zu schwach. Nach dem Untergange
der Kaiser Alexander Severus und Julius Mammäa in Mainz (235)
wurden viele Kastelle von den Römern aufgegeben, z. B. die Saalburg,
wo der große Münzfund (550 Stück) bis auf Alexander Severus geht-
Schließlich wurden unter Gallienus die ganzen Anlagen des Limes für
immer durch die Germanen zerstört. Über 260 hinaus läßt sich sein Be¬
stand nicht nachweisen. Jedenfalls war aber diese Grenzsperre für die
Germanen von dem größten Werte gewesen, weil sie so 2 Jahrhunderte
lang an die Scholle gebunden, durch den Verkehr mit den Römern po-
litisch und kulturell erst heranreiften für die ihnen von der Weltordnung
bestimmte Aufgabe, das Erbe der antiken Kulturwelt anzutreten. *)
§ TV J Das Kaftell Saalburg bei Homburg v. d. V).
(seit 1853).
{. Zur Geschichte der Saalburg.
Die Saalburg ist das bedeutendste Kastell, das durch die Aus-
grabungen am Limes aufgedeckt ist (das größte ist Haltern bezw. Kessel-
stadt in der Wetterau; die Saalburg kommt erst an 16. Stelle). Es ist
wohl errichtet gegen die Chatten in Hessen und an der Lahn, welche durch
fortwährende Angriffe die Römer im Besitze des eroberten Landes be-
unruhigten. Die Zeit der Errichtung ist nicht näher zu bestimmen, da die
Baureste aus dem 1., 2. und 3. Jahrhundert stammen. Einige Forscher
hielten das Kastell für das von Tacitus (ann. I, 56) erwähnte praesidium
in monte Tauno, das Drusus im Jahre 11 v. Chr. anlegte und Ger-
manikus erneuerte2), andere für das von dem Geographen Ptolemäus
um 150 n. Chr.) zusammen mit Mattiacum (Wiesbaden) genannte
Artaunon.
Der Name „Saalburg" begegnet uns zuerst 1747, obschon bereits
aus dem 15. Jahrhundert Bezeichnungen wie Salne und Sahalgraben
in jener Gegend festgestellt sind. Nach den Funden zu schließen, ist das
Kastell wohl in der Zeit des Kaisers Claudius Gothicus (268-270) von
den stürmenden Alemannen vollständig zerstört worden. Über seine
Trümmer breitete sich schützend der Heidewald aus.
Im Mittelalter bot die überwachsene Trümmerstätte den Bewohnern
1) (Ein treues Spiegelbild des römischen Einflusses auf die Kultur der Ger-
manen ergibt sich aus einer Gruppierung der alten Lehnwörter (vgl. F. Seiler,
„Die Entwicklung der deutschen Kultur im Spiegel des deutschen Lehnwortes".
Halle 1895). , ^ ^
2) Neuerdings glaubt (E. Schulze (Die römischen Grenzanlagen m Deutsch-
land und das Limeskastell Saalburg, Gütersloh 1903), day das praesidium in
monte Tauno des Tacitus zu erkennen sei in der Erdschanze auf dem Kapellen-
berge bei Hofheim. Dem stimmt F. Eramer zu (Monatsschr. f. höh. Schulen III,
S. 626).