178 Die Schweiz.
die Gebeiue ihre Feinde legten, welche sie hier 1476 besiegt hatten*). Die Franzo⸗
sen zerstörten dieses Denkmal des schweizerischen Heldenmuths im Jahre 178, und
an der Stelle des Beinhauses steht jetzt ein Obelisk. In Freiburg, Luzern und in
andern karholischen Kantons fanden im Jahre 1847 und 1818 die Sonderbundskriege
statt, in welchen die Katholiken als die Minderzahl erlagen. Seit dieser Zeit schmach—
ten sie unter unsäglichem Drucke.
u) Neufchatel oder Neuenburg liegt zwischen dem Jura und dem
Neuenburgersee, hat felsigen Boden, fast gar kein Holz, aber guten Weinbau
und viel Gewerbfleiß. Das Land war bis zur neuesten Zeit ein Fürstenthum
des Königs von Preußen, der den Gouverneur ernannte, aber es war zugleich
eine Republik im Schweizerbunde. Der Gouverneur berief die Stände, welche
das Recht der Gesetzgebung hatten. Die Zeitumstände benutzend, hat es sich
von Preußen losgerissen; im Jahre 1857 erkannte Preußen seine Unabhän—
gigkeit förmlich an.
Neuschatel an dem See, die Hauptstadt, ist gut gebaut und hat 8000 Inw.
Der Lissaboner Kaufmann Puryh, der hierher gebürtig war, hat mit 6 Mill. Fr.
(à 10 Sgr.) die hiesigen Lehranstalten, das Waisenhaus und Hospital gegründet.
— Locle ¶pr. Lokel) und Chaux de Fonds ¶spr. Schoh dö Fong) sind uur
Dörfer, jedes hat aber 6000 Inwohner, die fast alle Uhrmacher oder Gold- und
Silberarbeiter sind. Jeder Uhrfabrikant hält sich eine artige Hausbibliothek, und
hat ein Haus, das einem soliden Hamburger Kaufmann keine Schande machen
dürfte. — Val Travers ist ein Dorf von ähnlicher Beschaffenheit. Nach dem
neuen Werke von Hamm (Die Schweiz, 2 Thle. Leipzig, 1848) hat das ganze Thal
Chaux de Fonds gegenwärtig gegen 25,000 Inwohner, von welchen 15,000 sich mit
dem Uhrmachen beschäftigen. Mehrere Häuser in Chaur de Fonds und Locle haben
gleichzeitig Faktoreien in New-York, Kalkutta, Kanton und Konstantinopel. Merk⸗
würdig ist die Verschiedenheit der Gestalt und Güte der Uhren je nach den verschie—
denen Ländern, für welche sie bestimmt sind. Goldene, einfache, aber solide kom—
men nach Amerika, Holland, Norddeutschland; silberne nach England und Mittel—
deutschlaud; emaillirte, mit Perlen und Edelsteinen geschmückte nach Italien und
Spanien; nach der Türkei große, kupferne, vergoldete, mit türkischen Ziffern. Sollte
sich aus dieser verschiedenartigen Liebhaberei nicht einiges auf die Bewohner der ge—
nannten Länder schließen lassen? Die Summe des Werthes der Ausfuhr von Ta—
schenuhren beträgt jährlich etwa 10 Mill. Franes. — Die Bewohuer des Cantons
sind fast alle reformirt.
v) Waadt, genannt die französische Schweiz, liegt an dem lieblichen
Ufer des Genfersees, und ist eine der anmuthigsten Landschaften Europas.
Man baut viel Wein. Die Bewohner sind meist Leformirt und sprechen fran—
zösisch. Von den 200,000 Seelen sind etwa 7000 katholisch.
Lausanne (spr. Losann'), auf drei Hügeln unweit des Genfersees, hat
17,000 Inw., häßliche Straßen, wenig schöne Häuser, aber eine äußerst gesunde
Luft, weßhalb sich hier viele Fremde auͤfhalten. — Vevai (pr. Vewäh), Morges
(spri Mohrsch'), Aubonne (pr. Obonn') und Nyon sind andere angenehme Oer—
*) Hallers schöne Inschrift des Beinhauses heißt:
Steh still, Helvetier, hier liegt das kühne Heer
Vor welchem Lüttich fiel und Frankreichs Thron erbebte:
Nicht uns'rer Ahnen Zahl, nicht künstliches Gewehr,
Die Eintracht schlug den Feind, die ihren Arm belebte.
Lernt, Brüder, eure Kraft, sie ist in eurer Treu;
Ach, würde sie doch jetzt bei jedem Leser neuu