§ 110. 111.
Der Freiheitskampf der Niederlande. — Frankreich.
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Damals verließ der Welthandel endgültig seine alten Wege; die Mittel-Handel,
meerhäfen Europas gaben ihre Bedeutung an die atlantischen ab. Schon
im 16. Jahrhundert trat Venedig hinter Antwerpen, im 17. weit hinter
Amsterdam zurück, das zum Mittelpunkte des Welthandels aufblühte. Ebenso
wurde der deutsche Handel jetzt von dem der Niederländer (und Engländer)
überholt. Auch eroberten jene die ehemals portugiesischen, seit 1581 spa¬
nischen Kolonien in Asien, gründeten die Ostindische Kompanie (1602) und
die Stadt Batavia auf Java und besetzten die Kapstadt und Ceylon (vor-
übergehend auch Brasilien). Durch diese Erwerbungen und den aufblühenden
Handel gelangte die kleine Republik der Vereinigten Niederlande zur Stellung
einer europäischen Großmacht. Zugleich wurde sie eine Pflegestätte der
Wissenschaften und der Künste1, besonders der Malerei (Remb ran dt). Kunst.
Unter den zahlreichen Hochschulen des Landes erlangte die 1575 in Leiden
gegründete Universität als Bildungsstätte für Ärzte europäischen Ruf. Grotins Wissenschaft,
begründete das Völker- und Naturrecht, Descartes die analytische Geo-
metrie und die neuere Philosophie; Spinoza vertrat den Pantheismus.
Huygens gab dem von dem Pisaner Galilei (gest. 1642) entdeckten Pendel¬
gesetz durch Erfindung der Pendeluhren praktische Anwendung und verbesserte
die Teleskope; durch sie und durch das in Holland erfundene Mikroskop wurde
ein großartiger Aufschwung der Naturwissenschaften vorbereitet.
Etwa um dieselbe Zeit schufen in den benachbarten Spanischen Nieder- Spanien und
landen die Maler Rubens und sein Schüler van Dyck, in Spanien selbst.^ fST'.
Velasquez und Murillo ihre Werke. Auch die spanische Literatur *umde."
gelangte damals durch Cervantes, den Schöpfer des Don Quixote, durch
Lope de Bega, den Begründer des spanischen Dramas und fruchtbarsten
Dichter aller Zeiten, und durch den Dramatiker Calderon zur höchsten
Blüte; das spanische Volk jedoch versank mehr und mehr in Armut und
Unwissenheit.
§ III. Frankreich. Die französischen Könige aus dem Hause Va-Vaiois und
lois2 blieben dem katholischen Bekenntnis treu, die Nebenlinie der Bour- ®ourbon-
6on dagegen stand an der Spitze der Reformierten. Die großen adligen
Familien, die sich das Königtum seit dem Ende des 15. Jahrhunderts
unterworfen hatte (vgl. § 87), erhoben sich von neuem. Frankreich wurde
von den beiden Parteien zerrissen und ein Menschenalter hindurch von
ihren Kriegen erfüllt, bis Heinrich IV. von Bourbon den Frieden
herstellte.
1 Vergleiche Athen nach den Perserkriegen!
2 Die letzten Könige aus dem Hause Valois (Angonleme):
Franzi. (1515—1547)
Heinrich II. (1547—1559)
Gem. Katharina v. Medici
Franz II. Elisabeth Karl IX. Heinrich III. Mar- Heinrich (IV.)
(1559—60) Gem. Philipp II. (1560—74) (1574—89) garete^v. Bourbon
Gein. Maria Stuart v. Spanien
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