§ 33. 34.
Die Heeresverfassung. — Die Hebung der Landeskultur.
53
Zugleich erfuhr die Zusammensetzung des Offizierkorps und der Mann-Offizier-
schaften tiefgreifende Wandlungen. War der Offizier noch in den Heeren
des Dreißigjährigen Krieges in erster Linie von dem Obersten seines Regi-
mentes abhängig gewesen, von dem er angeworben, in Eid und Pflicht
genommen wurde und seinen Sold erhielt, so verschwand jetzt aus der
brandenburgisch-preußischen Armee diese Abhängigkeit; der Offizier trat in
den unmittelbaren Dienst seines Landes- und obersten Kriegsherrn.
Friedrich Wilhelm I. zog vor allem die jüngeren Söhne des Land-
adels zum Dienste im Heere heran; bisher oft ohne jede Bildung auf-
gewachsen, erhielten sie nunmehr in Kadettenhäusern eine sorgfältige Er-
ziehuug. Mit durchgreifender Tatkraft überwand er die anfangs vorhandene
starke Abneigung vieler Familien gegen die militärische Laufbahn, bis es
für die Söhne des Adels eine selbstverständliche Ehrenpflicht wurde, in
das Heer einzutreten. Der König verstand es, das Offizierkorps von nn-
würdigen Mitgliedern zu reinigen, ihm ein hohes Ehrgefühl anzuerziehen
und einen aristokratischen Charakter aufzuprägen. Der Adel, der bisher
in ständischen Interessen aufgegangen war und sich dem Landesherrn bei
jeder Gelegenheit widersetzt hatte, gab sich fortan dem Dienste des Staats-
ganzen hin und verdiente sich durch seine Opferwilligkeit im Siebenjährigen
Kriege den Dank und die Anerkennung des großen Königs.
Während das Offizierkorps fast ganz aus Landeskindern bestand, Die Mann-
setzten sich die Mannschaften nur zur Hälfte aus Inländern, zur anderen toaften'
Hälfte aber aus geworbenen Fremden zusammen. Das Kanton-Regle-
ment vom Jahre 1733 wies jedem Regiment einen bestimmten, in der
Nähe seiner Garnison gelegenen Bezirk (Kanton) zu, aus dem es unter
Mitwirkung der Zivilbehörden seinen Bestand an inländischen Mannschaften
ergänzte. Der Inländer war zwanzig Jahre lang dienstpflichtig; er wurde
ein Jahr lang bei der Fahne ausgebildet, dann in die Heimat beurlaubt
und nur noch zweimal einberufen. Es war dies der erste Schritt zur
praktischen Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht. Der Aus-
länder war zeitlebens Soldat und blieb dauernd beim Regiment. Die
Armee bestand also zum Teil aus Berufssoldaten, zum Teil aus jüngeren
Bauernsöhnen. Die ältesten Söhne der Bauern und die städtische Be-
völkerung waren, damit die Bodenbestellung und der Gewerbebetrieb nicht
leide, vom Kriegsdienst befreit. Die ganze Einrichtung bewährte sich, bis sie
am Ende des Jahrhunderts infolge der überhandnehmenden Befreiungen
und der Verschlechterung der ausländischen Rekruten verfiel.
Der Staat lieferte den Truppen nur die große Moutur, die Waffen und
im Kriege das Brot, im übrigen zahlte er jedem Regiment und jeder Kom-
pagnie eine feste Geldsumme, wovon sie ihre Bedürfnisse bestreiten mußten.
§ 34. Die Hebung der Landeskultur und die Sorge für das geistige
Leben. Die Hebung des Wohlstandes ließen sich die meisten Fürsten in
dem Jahrhundert von 1640—1740 angelegen sein. Die Landwirtschaft Landwirt-
erholte sich verhältnismäßig rasch von den Leiden des großen Krieges, Woft'