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finden. Die ersten Unruhen entstanden in Kassel in Folge
einer Brodtheuerung (6. Sept. 1830), nahmen aber bald einen
politischen Charakter an. In Kassel bewaffnete sich die
Bürgerschaft, und die Aufregung theilte sich dem ganzen
Lande mit. Auf das Militär konnte sich der Kurfürst nicht
unbedingt verlassen. Am 15. September ward er zu dem
Versprechen genöthigt, die Landstände einzuberufen, was er nie
gethan hatte. Eine neue Verfassung, die einen bedeutenden
Fortschritt bildete, ward entworfen, und am 5. Januar 1831
die Verfassungsurkunde vom Kurfürsten unterzeichnet. Dieser
zufolge gab es seitdem eine Ständeversammlung, welcher Theil-
nähme an der Gesetzgebung, der Steuerbewilligung und an
der Verwaltung der Staatseinnahmen zugesichert ward. Die
Presse war, mit einigen Beschränkungen in der Ausübung, für
frei erkannt. Da der Kurfürst sich an die Schmälerung seiner
Gewalt nicht gewöhnen konnte, und ein Versuch, die Gräfin
Reichenbach nach Kassel kommen zu lassen, beinahe einen Aus¬
stand hervorrief, so verließ er seine Residenz und ging nach
Hanau und von da nach Frankfurt a. M., um mit der Reichen-
bach ungestört leben zu können. Seinen Sohn, den Kur¬
prinzen Friedrich Wilhelm, ernannte er (Septbr. 1831) zum
Mitregenten, da er nach der Verfassung sein Land von einem
fremden Gebiete aus nicht regieren durfte, und dieser über-
nahm von jetzt an allein die Regierung.
Im Königreich Sachsen war es nicht die Unzufriedenheit
mit den Sitten und dem Wandel der regierenden Personen,
was den Ausbruch von Unruhen hervorrief, sondern der
Verfall der öffentlichen Zustände. Das Gerichtsverfahren
war schleppend und verworren. Die Städte standen unter
sich selbst ergänzenden Magistraten, die nach oben hin eine
sehr unvollständige, nach unten hin gar keine Rechenschaft
ablegten. Die meist adeligen Besitzer der Rittergüter besaßen
Vorrechte, welche das Landvolk in tiefster Abhängigkeit von
ihnen erhielten. Die Willkür der Polizei gegen die unteren
Klassen war grenzenlos. Die Strenge der Censur beeinträch-
tigte den Leipziger Buchhandel, eine der vornehmsten Erwerbs-
quellen des Landes. Die Industrie war durch hohe Abgaben
niedergehalten und die Steuern drückten durch ungleiche
Verkeilung den durch den großen Krieg schon ohnedies her-