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in ihm einen Charakter entwickelt, der sich in jede Lage des
Lebens zu fügen wußte, und seinen natürlichen Scharfsinn
zu einem hohen Grade von Feinheit ausgebildet, mit dem er
eine ausgebildete Welt- und Menschenkenntniß verband. Zeuge
des höchsten Steigens und des tiefsten Falles menschlicher
Größe, hatte er, wenn auch persönlich ohne Furcht, sich einer
gewissen Vorsicht und Bedächtigkeit des Handelns hingegeben
und den Geist des Zweifels und des Mißtrauens in irdisches
Glück in sich aufgenommen. Ohne entschiedene Ueberzeugung
und Richtung huldigte er einer klugen Berechnung der jedes-
maligen Verhältnisse, war aber zugleich ein Gegner aller Un¬
ordnung und Gewaltsamkeit und stets zu Milde und Mensch-
lichkeit geneigt. Obgleich den ältesten Regentenfamilien an-
gehörig, war er in den Augen des Volkes nur ein Empor-
kömmling, ohne jede Kraft und Größe, die das Heer oder die
Massen mit sich hätte fortreißen können und die der Franzose
von je her von seinen Herrschern zu fordern geneigt war.
Wenn auch Ludwig Philipp weder die bevorrechteten Stände,
die ihm jedoch meist feindlich gegenüber standen, noch die
Massen, die aber erst für das politische Leben heranzubilden
waren, von sich entfernt hielt, so stützte er doch seinen Thron
vorzugsweise auf den gebildeten und wohlhabenden Mittelstand,
die sogenannte Bourgeoisie, und gab in den ersten Jahren seiner
Regierung viel auf die Gunst der Nationalgarde, in der er die
vornehmste Stütze seiner Krone erkannte. Er richtete keinen
Hof ein, der zwischen ihm und der Nation gestanden hätte,
und sein Privatleben blieb dasselbe wie zu der Zeit, wo er
nur der erste Prinz von Geblüt gewesen. Seine jüngeren Söhne
wurden nach wie vor in den öffentlichen Anstalten erzogen.
Er entließ die Schweizerregimenter und führte keine Haus-
truppen ein, suchte aber das stehende Heer dadurch an sich
zu ziehen, daß er abwechselnd alle Regimenter zur Besetzung
von Paris und der Umgegend herbeirief. Ueberall, wo
Ludwig Philipp, der seine Ehre darein setzte, Bürgerkönig zu
sein und zu heißen, sich öffentlich zeigte, wurde er in der
ersten Zeit mit Begeisterung aufgenommen, und Alles, mit
Ausnahme der Anhänger Karls X., überließ sich der lieber
' Zeugung, an dem Ziele der mit 1789 begonnenen Umwäl¬
zungen angelangt zu sein.
Stacke, neueste Geschichte. 3. Aufl. 12