Full text: Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) (Teil 3)

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neu Kammern, die der badische Abgeordnete von Jtzstein nach 
Heppenheim berufen hatte, über Volksvertretung am Bundes¬ 
tage in lebhafter Weise verhandelt, und am 12. Februar 1848, 
vierzehn Tage vor der Februarrevolution, stellte Bassermann 
aus Mannheim in der Kammer der Abgeordneten einen An- 
trag auf Volksvertretung beim Bundestage mit der Bemer- 
kung, daß es die dringendste Aufgabe der Fürsten sein müsse, 
die Abneigung der Nation gegen den Bundestag in Vertrauen 
umzuwandeln, weil sonst die Kluft immer größer werden 
würde. Zugleich sprach Bassermann die prophetischen Worte 
aus: „Art der Seine und der Donau neigen sich die Tage!" 
— Da schleuderte die Revolution des Februar zu Paris den 
zündenden Funken in den allgemeinen Gährungsstoff und gab 
den Anstoß zu einer Bewegung, die früher oder später, 
in dieser oder jener Weise doch zum Ausbruch gekommen 
wäre. 
Die deutschen Regierungen waren durch diesen Schlag 
im ersten Augenblicke wie gelähmt. Die beiden Großmächte, 
Preußen und Bestreich, kamen dahin überein, am 15. März 
in Dresden einen Fürstencongreß zur Berathung über die 
deutschen Angelegenheiten zu halten, der aber durch die Macht 
der Thatsachen verhindert wurde, auch schwerlich etwas Be- 
friedigendes zu Stande gebracht hätte. Die freisinnige Partei 
entwickelte eine außerordentliche Thätigkek. Schon am 27. 
Februar wurde bei Mannheim auf freiem Felde unter Jtzsteins 
Vorsitz eine große Versammlung gehalten, wo die Forderung 
eines deutschen Parlamentes, der Preßfreiheit, der Volks- 
bewaffnung, der Schwurgerichte in eine dem Großherzog zu 
überbringende Adresse zusammengefaßt wurden. Struve, der 
noch weit über diese Forderungen hinausging und socialistische 
Ideen an den Tag legte, veranstaltete einen Massenzug nach 
Karlsruhe, wo das Ministerium alle Forderungen bewilligte. 
Auch in anderen Staaten, in Würtemberg, Darmstadt, Nassau, 
erhob sich die Bewegung; überall mußten die Regierungen 
dem allgemeinen Drange nachgeben. Der Kurfürst von Hessen 
setzte Anfangs den Volkswünschen hartnäckige Weigerung ent- 
gegen, und ließ Truppen gegen Hanau marschiren, wo sich 
eine Volkscommission gebildet hatte, mußte aber endlich, da er 
Alles ringsum schwanken sah, nachgeben und alle Forderungen
	        
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