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deutschen Großmächte erlangte, unter der Bedingung, daß die
russischen Truppen nicht über die Donau gingen, rüstete sich
die Pforte mit Anstrengung aller Kräfte zum Kriege. Die
Steuern wurden auf mehrere Jahre im voraus erhoben, die
regulären Truppen vermehrt und Freiwillige aufgerufen. Der
Russenhaß und der religiöse Eifer entbrannten von neuem,
und auch die Vasallenstaaten, wie Aegypten, Tunis, leisteten
willig Hülfe. Am 4. October erklärte die Pforte den Krieg
an Rußland, wenn dieses nicht sofort die Donaufürstenthümer
räumte, worauf am 1. November das türkische Kriegsmanifest
erschien. Omer Pascha stand mit der türkischen Hauptmacht
auf dem rechten Ufer der Donau. Er setzte bei Widdin auf
das linke Ufer und schlug bei Oltenizza in verschanzter Stel,
lung die Angriffe der russischen Uebermacht zurück (4. Nov.).
Auf einer anderen Seite aber erlitten die Türken einen schwe-
ren Verlust. Der russische Admiral Nachimow, der die Flotte
vor Sebastopol befehligte, griff, von einem dichten Nebel be-
günstigt, ein türkisches Geschwader unter Osman Pascha im
Hafen von Sinope an (30. Nov.). Die Türken kämpften mit
dem Muthe der Verzweiflung gegen die russische Uebermacht;
zwei ihrer Flottenkapitäne sprengten sich lieber mit ihren
Schiffen in die Luft, als daß sie die Flagge strichen: das
türkische Geschwader wurde fast vollständig vernähtet. Der
Seesieg der Russen erregte in England die größte Aufregung;
Lord Aberdeen konnte sich nicht länger halten, und Palmerston
bildete ein neues Ministerium. Da das russische Cabinet die
von der Wiener Konferenz nochmals gestellten gemäßigten
Friedensbedingungen, die aber Räumung der Donaufürsten-
thümer verlangten, verwarf, so schloffen die Westmächte am
12. März mit der Pforte ein Offensiv- und Defensivbündniß
ab, und erklärten am 28. März an Rußland den Krieg:
es war der erste seit Napoleons Sturz, an dem sich die drei
mächtigsten Reiche betheiligten.
Die Russen fochten an der Donau ohne Erfolg. Sie
belagerten vergeblich Kalafat nnd wurden bei Cetate über-
fallen und geschlagen. Aber Kaiser Nicolaus dachte nicht an
Nachgeben: er ordnete im ganzen Reiche eine umfassende
Aushebung an und sandte seinen ersten Feldherrn, den nie
besiegten greisen Fürsten Paskewitsch, auf den Kriegs-