Full text: Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) (Teil 3)

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deutschen Großmächte erlangte, unter der Bedingung, daß die 
russischen Truppen nicht über die Donau gingen, rüstete sich 
die Pforte mit Anstrengung aller Kräfte zum Kriege. Die 
Steuern wurden auf mehrere Jahre im voraus erhoben, die 
regulären Truppen vermehrt und Freiwillige aufgerufen. Der 
Russenhaß und der religiöse Eifer entbrannten von neuem, 
und auch die Vasallenstaaten, wie Aegypten, Tunis, leisteten 
willig Hülfe. Am 4. October erklärte die Pforte den Krieg 
an Rußland, wenn dieses nicht sofort die Donaufürstenthümer 
räumte, worauf am 1. November das türkische Kriegsmanifest 
erschien. Omer Pascha stand mit der türkischen Hauptmacht 
auf dem rechten Ufer der Donau. Er setzte bei Widdin auf 
das linke Ufer und schlug bei Oltenizza in verschanzter Stel, 
lung die Angriffe der russischen Uebermacht zurück (4. Nov.). 
Auf einer anderen Seite aber erlitten die Türken einen schwe- 
ren Verlust. Der russische Admiral Nachimow, der die Flotte 
vor Sebastopol befehligte, griff, von einem dichten Nebel be- 
günstigt, ein türkisches Geschwader unter Osman Pascha im 
Hafen von Sinope an (30. Nov.). Die Türken kämpften mit 
dem Muthe der Verzweiflung gegen die russische Uebermacht; 
zwei ihrer Flottenkapitäne sprengten sich lieber mit ihren 
Schiffen in die Luft, als daß sie die Flagge strichen: das 
türkische Geschwader wurde fast vollständig vernähtet. Der 
Seesieg der Russen erregte in England die größte Aufregung; 
Lord Aberdeen konnte sich nicht länger halten, und Palmerston 
bildete ein neues Ministerium. Da das russische Cabinet die 
von der Wiener Konferenz nochmals gestellten gemäßigten 
Friedensbedingungen, die aber Räumung der Donaufürsten- 
thümer verlangten, verwarf, so schloffen die Westmächte am 
12. März mit der Pforte ein Offensiv- und Defensivbündniß 
ab, und erklärten am 28. März an Rußland den Krieg: 
es war der erste seit Napoleons Sturz, an dem sich die drei 
mächtigsten Reiche betheiligten. 
Die Russen fochten an der Donau ohne Erfolg. Sie 
belagerten vergeblich Kalafat nnd wurden bei Cetate über- 
fallen und geschlagen. Aber Kaiser Nicolaus dachte nicht an 
Nachgeben: er ordnete im ganzen Reiche eine umfassende 
Aushebung an und sandte seinen ersten Feldherrn, den nie 
besiegten greisen Fürsten Paskewitsch, auf den Kriegs-
	        
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