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Paris aus die Weisung, sich zum König Wilhelm nach Ems
zu begeben und diesen zu ersuchen, den Erbprinzen von Hohen-
zollern zur Ablehnung der spanischen Krone zu veranlassen.
Der Ungestüm und die dreiste Dringlichkeit, mit der man auf
den König zu wirken suchte, offenbarten von vorn herein eine
feindselige und böswillige Gesinnung. Der Botschafter ward
selbstverständlich abschläglich beschieden: in gleichem Sinne war
unmittelbar darauf eine an die Vertreter des Bundes in
Deutschland erlassene Kundgebung gehalten. Dennoch wieder-
holte Benedetti am 11. Juli sein Ersuchen, freilich mit dem-
selben Erfolge. Während die Lage sich immer peinlicher ge-
staltete und die politische Schwüle, die auf Europa lastete,
in stetem Steigen war, trat unerwarteter Weise die einzige
Möglichkeit, die obschwebende Frage friedlich zu lösen, von
selbst ein: was Niemand geahnt, geschah. Voll edler Selbst-
verläugnung entsagte der Erbprinz Leopold, um nicht einen
europäischen Krieg hervorzurufen, der spanischen Krone. Man
hätte erwarten sollen, daß der düstere politische Himmel sich
nun wieder aufklären werde. Man täuschte sich.
Am 12. Juli, am Tage der Entsagung Seitens des
Prinzen Leopold, fand zwischen dem preußischen Botschafter
Herrn von Werther und dem Herzog von Grammont eine wei-
tere Unterredung Statt, in welcher der Botschafter angewiesen
wurde, vom Könige ein eigenhändiges Entschuldigungsschreiben
an den Kaiser Napoleon zu verlangen und zugleich die For-
derung zu stellen, daß der König sich für alle Zukunft ver-
pflichte, niemals seine Zustimmung zu geben, wenn man später
nochmals auf einen Hohenzollern'schen Prinzen als spanischen
Throncandidaten zurückkommen sollte.
Die grenzenlose Unverschämtheit, mit der diese Zumu-
thung auftrat, rief in Deutschland, wie fast in ganz Europa
die höchste Entrüstung hervor, und in allen Schichten der
deutschen Bevölkerung gährte der Ingrimm über die Frechheit
des französischen Cabinets.
Graf Bismarck wies den preußischen Botschafter Herrn
von Werther*) an, der französischen Regierung zu antworten,
* Daß Herr von Werther nach der erwähnten Zumuthung die
Unterredung nicht sofort abbrach, wie es dle Würde der Regierung ver-
langte, wurde nachher durch seine Snspendirnng gerügt.