A. 3m Vaterland.
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wohner) und hemfurt (300 Einwohner), bei denen der See beginnt
bzw. schließt, verlieren nur einen Teil ihrer Gemarkung.
Lines Tages wird die Stunde kommen, wo vom alten, lieben
heim Bbschied genommen werden muß, und gar manche Träne wird
wohl beim verlassen der Schwelle vergossen werden. Nach und nach
werden dann die Ortschaften verschwinden, sämtliche Bäume inner¬
halb der Sperre werden gefällt, und die noch nicht lange erbauten
Brüden müssen wieder abgetragen werden. Lin kahles, ödes Flußtal
breitet sich alsdann vor unseren Blicken aus. 3m Interesse der
Fischerei werden auf dem Grunde des Sperrbeckens alle Baumstümpfe,
Mauern, Felsen und Steine entfernt, und da alljährlich während der
Zeit des tiefsten lvasserstandes Teile des Sperrsees trocken liegen,
werden auf Anordnung des Ministers in den tiefsten Kinnen des
Haupttales und der Seitentäler flache, breite Gräben mit Ouerdämmen
angelegt werden, welche den Fischen bei niedrigem kvasserstande als
Zufluchtsort dienen können. Kings um das Staubecken aber werden
neue Straßen und Fußwege und wohl auch neue Siedelungen erstehen.
Bllmählich füllt sich dann das große Becken, und vor unseren Bugen
ist ein neues Bild entstanden, ein Bild, wie kein zweites in ganz
Mitteldeutschland zu finden sein wird: ein herrlicher, von malerischen
Bergen und schattigen Wäldern umgebener großer See. Und dieser
Stausee dürfte infolge der gewaltigen Busdehnung noch eine andere
Bedeutung erlangen: zwischen den Bahnlinien Lassel—Naumburg
und wabern—Buhlen—waldeck—Sachsenhausen—Torbach einerseits
und der Linie warburg—Marburg andererseits wird er gewiß, nament¬
lich während der Sommermonate, dereinst einen herrlichen Verkehrs¬
weg bilden- Dampfer und Boote werden ihn befahren, und es wird
sich den Erholungsbedürftigen und Reiselustigen dort ein Gebiet von
großer landschaftlicher Schönheit mit erquickender, stärkender Luft
eröffnen. Im Osten des Sees erhebt sich 420 m über dem Meere
stolz und schön das bereits 1189 erwähnte Stammschloß des Fürsten
zu waldeck- ist es schon in den letzten Jahren in diesen alten Räumen
wieder recht lebendig geworden, so dürfte das Schloß nach dem Entstehen
des Lddertalfees Tage erleben, vpn denen feine ehemaligen Besitzer
sich nichts haben träumen lassen.
wird der neue See leider auch einigen hundert Bewohnern der
eingehenden Ortschaften Kummer bringen, so muß uns doch der
Gedanke trösten: Mutter Germania bedurfte dieses Fleckchens deutscher
Erde, um Tausende, ja vielleicht Millionen ihrer Kinder damit zu
segnen. - Narl Hehlern
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