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redsamkeit die ganze Insel beherrschte. Unermeßlich war der
Jubel der Iren, als O'Connell für die Grafschaft Cläre, wo
ein Parlamentssitz frei war, am 5. Juli 1828 mit großer
Stimmenmehrheit zum Parlamentsmitglied ausgerufen wurde.
Eben so großes Aufsehen erregte diese Wahl in England.
Wellington, der seinen geübten Feldherrnblick auf die Politik
übertrug, erkannte alsbald, daß die Ausnahmegesetze gegen
die Katholiken nicht mehr zu halten seien, daß man die Wahl
habe zwischen Bürgerkrieg und Nachgeben, und er wählte das
Letztere. Der Kampf über die von ihm eingebrachte Emanci-
pationsbill wurde von beiden Seiten mit großer Leidenschaft,
aber auch mit seltener Gründlichkeit und Schärfe geführt.
Endlich aber ward die Bill von dem Unterhause, bald dar-
auf von den Lords angenommen, und am 13. April 1829
vom König unterzeichnet und zum Gesetz erhoben. Damit
war die Gleichberechtigung der Katholiken mit den Protestant
ten ausgesprochen, nur konnte kein Katholik Lordkanzler von
England oder Vicekönig von Irland werden; den katholischen
Parlamentsgliedern wurde das eidliche Versprechen abgenom-
men, nichts gegen die protestantische Staatskirche zu unter-
nehmen. Bald traten acht katholische Lords ins Oberhaus.
Mit der Emancipation der Katholiken trat in der eng¬
lischen Verfassung eine große Veränderung ein, die zunächst
auf confessionellem Gebiete mit dem alten System brach.
Daß aber diese durchgreifende UmWandelung ohne Anwen¬
dung äußerer Gewalt, nur durch die Macht des Gedankens
und des Wortes und durch die Entscheidung der Volksver-
tretung erreicht wurde, bleibt ein Glanzpunkt in der Geschichte
des englischen Verfassungswesens.