Das Land Italien. 249
e) Die politische Gliederung Italiens.
Italien ist viel einheitlicher aufgebaut als Griechenland, so daß die
politische Gliederung weniger auf die natürliche Abgeschlossenheit der
einzelnen Gebiete als vielmehr auf die Stammesunterschiede ihrer Be-
wohner und die verschiedenartige geschichtliche Entwicklung zurückgeht.
Die größeren Landschaften waren:
1. in Oberitalienl): Gallia Cispadana, südlich vom mittleren und unteren'
Po, mit der römischen Kolonie Placentia (Piacenza) sowie den Städten Bononia
(Bologna), Hauptort der gallischen Bojer, Mutma (Modena), bekannt aus den
römischen Bürgerkriegen, und Ravenna (Kriegshafen). — Gallia Transpadana,
nördlich des Po, mit Mediolanum (Mailand), der ehemaligen Hauptstadt der
keltischen Jnsübrer, Augusta Taurinorum (Turin), von Augusws angelegt, Cre-
möna (röm. Kolonie), Mantua (mit dem benachbarten Andes, dem Geburtsort
des Dichters Vergil) und Verona (röm. Kolonie). — Ligurien, zwischen dem
oberen Po und dem Ligustischen Golf, mit dem Hafen Genua. — Venetien
und Jstrien, zwischen den Ostalpen und dem Adriatischen Meere, mit Patavium
(Padua), Geburtsort des Geschichtschreibers Livius, Aquileja (röm. Kolonie)
und der Hafenstadt Tergeste (Trieft).
2. in Mittelitalien: Etrurien (Toskana), das Stromgebiet des Arnus und
das nordwestliche Zuflußgebiet des Tiber, südlich bis nahe an Rom heranreichend,
mit den Küstenorten Tarquinii, Telämon (Niederlage'der Gallier 225 v. Chr.),
Pisa (alte Handelsstadt) und Luna (Marmor) sowie den Binnenstädten V e j i
(nur 2 Meilen von Rom entfernt), Clnsium (an der Cassischen Heerstraße nach
Norden), Perusia (unweit des Trasimenischen Sees), Fäsülä (auf einer Anhöhe
oberhalb des heutigen Florenz im Arnotal) und Pistoria (Vernichtung des
Catilinarischen Rebellenheeres 62 v. Chr.).
Latium, vom unteren Tiber bis über den Liris hinaus sich erstreckend, dik
Kernlandschaft Italiens, mit dem geographifch-geschichtlichen Mittelpunkt der
Halbinsel, nämlich Rom. Dessen Lage war von den natürlichen Verhältnissen
gegeben. Als Vorzüge derselben betrachtete schon die römische Überlieferung
(Liv. V, 54) „saluberrimos colles, flumen opportunum, marevicinum, regio-
num Italiae medium locum". Wie Athen, Korinth, Argos u. a. Städte lag das
alte Rom einerseits auf leicht zu verteidigenden Hügeln in günstiger Nähe
des Meeres, noch dazu an der bevorzugten W e st k ü st e und an einem Punkte,
bis zu welchem der Tiber, der größte Fluß der eigentlichen Halbinsel, zur Zeit
der Entstehung Roms den Seeschiffen noch zugänglich war; anderseits blieb es
wie die eben genannten Städte gegen einen Handstreich von der Seeseite her
durch seine Entfernung (25 km) geschützt. Außerdem hat hier der Fluß vor seinem
Eintritt in die sumpfige Niederung zum letztenmal feste Ufer; das sowie eine
Insel im Fluß erleichterten den Bau von B r ü ck e n. Deshalb überschritt auch
eine alte Handelsstraße von Kompanien nach Etrurien gerade an dieser
Stelle den Tiber. Somit war das älteste Rom ein wichtiger Verkehrsknoten»
Punkt und Brückenkopfort.
Der größere Teil der Stadt, besonders die Altstadt, lag auf dem linken Tiberufer
tue Teile ans dem rechten, besonders der Vaticanus, kamen erst in späterer Zeit
) Gallia Cisalpina genannt im Gegensatze zu Gallia Transalpina, dem Haupt¬
lande der Gallier.