Die Babylonier und Assyrer. 7
Die Reste der babylonischen Tempeltürme, die in mehreren Terrassen stufen-
förmig aufstiegen, erwecken noch heute Bewunderung. Weltberühmt war z. B.
der B a b y l o n i s ch e T u r m, ein Riesentempel, in LMockwerken errichtet,
die sich pyramidenförmig nach oben verjüngten und auf der obersten Plattform
eine Sternwarte trugen. Daneben bauten sowohl die babylonischen als
die assyrischen Könige stattliche Paläste mit weiten Hallen, deren Wände in Babylon
vorzugsweise mit glasierten Ziegeln, in Assyrien hauptsächlich mit Alabaster-
und Marmorplatten verkleidet waren. Schöne Skulpturen schmückten diese
Baudenkmäler: halberhabene Reliefs stellten die Taten der Herrscher, besonders
Kriegs- und Jagdszenen, dar. Getriebene Bronzeplatten, wie die von Balawat
(östlich von Mosul), verzierten die Tore. Besonders gefiel sich die Phantasie
der assyrischen Künstler in der Darstellung von geflügelten Stier- oder Löwen-
kolossen mit Menschcnhäuptern.
Die Eigenart der Bildenden Kunst besteht in der übertriebenen Betonung
der Muskulatur und dem mangelnden Sinn für Proportionen; im übrigen hat
die babylonisch-assyrische Kunst viel Ähnlichkeit mit der ägyptischen. Ein Beispiel
für naturgetreue Darstellung ist die Sterbende Löwin aus einem assyrischen um
Jagdrelief (des Königs Assurbanipäl), die, im Rückgrat getroffen, laut brüllend 650
den gelähmten Hinterkörper nachschleift. Wie frühzeitig überdies die Kunst zuv.Ch,
hoher Vollendung gelangte, bezeugt u. a. der aus dem Ende des 4. Jahrtausends
stammende prachtvolle Marmorkopf des Sumeriers: Haar und Bart sind nach
der Sitte dieses Volkes rasiert dargestellt, die Augenbrauen und -lider durch
eingelegtes Silber, die Pupillen durch braunen Stein, das Weiße der Augen
durch Muscheln wiedergegeben.
Die Dichtkunst. Von der Poesie der Babylonier sind uns lyrische
und epische Dichtungen erhalten. Das Drama fehlt vollständig.
Zahlreiche Hymnen, im Tone den biblischen Psalmen ähnlich, preisen die
hohen Eigenschaften der Götter. Eine auf 7 leider zertrümmerten Tafeln erhaltene
Schöpfungssage berührt sich in manchen Stücken mit dem mosaischen Berichte;
sie schildert den Kampf des Sonnengottes Mardnk mit dem Chaos und nach seinem
Siege die Erschaffung der Welt. Das in 12 Tafeln auf uns gekommene Nimrod-
(Jzdubar)-Epos erzählt die Geschichte des Heros Jzdubar, dessen Taten an die
12 Arbeiten des Herakles erinnern. Besonders wertvoll ist die darin enthaltene
Schilderung der Sintflut, die sich in vielen Zügen mit dem Berichte des
1. Buches Mose deckt.
Sprache und Schrift. Das Babvlonisch-Assyrische war die allgemeine
Verkehrssprache Vorderasiens bis ins 8. Jahrh. v. Chr. Von da an wurde es
allmählich durch das AramgMe verdrängt: daneben ging seit der Diadochenzeit
das G r i e ch i s ch e als Sprache der Gebildeten und Gelehrren einher. Die
babylonisch-assyrische sowie später die persische Literatur wurden in der sog.
Keilschrift aufgezeichnet. Sie war ursprünglich eine Bilderschrift wie die älteste
ägyptische. Da jedoch in der Mesopotamischen Ebene nur weicher Lehm als
Schreibmaterial zur Verfügung stand (Tontafeln), bekamen die Umrisse dieser
Bilder allmählich die Form von verschieden gestellten keilförmigen Strichen:
daher der Name. Die aus Kellen zusammengesetzten Schriftzeichen bedeuteten
teils Laute teils Silben, seltener ganze Worte. Ursprünglich hatte man gegen
400 solcher Zeichen: später wurde deren Zahl von den Persern vermindert. Bis
in die Zeit der Diadochen konnte man diese Schrift noch allgemein lesen. Dann